DESINFACTS | Sonderausgabe 2023

6 INTERVIEW „Professionelles Abfallmanagement rechnet sich!“ Das Universitätsklinikum Bonn (UKB) setzt als Maximalversorger bei der Abfallentsorgung zunehmend auf nachhaltige Prozesse. Michael Schmitz, Abteilungsleiter im Facility Management, Abfallbeauftragter und Leiter der Stabsstelle Nachhaltigkeit erläutert, warum das ein gutes Gefühl macht und obendrein noch Geld einbringt. Beispiel Bonn: Klinikmüll als Chance nutzen ze genau kennen, fehlen oft. Dementsprechend schlecht sind die Mülltrennung und auch die Datenlage zu den Abfällen. Gezielte Maßnahmen zur besseren Abfalltrennung und zum Recycling können sie natürlich nur einleiten, wenn sie alle Abfallströme genau kennen. Wir haben daher den Bereich Entsorgungsmanagement komplett neu aufgesetzt. Gemeinsam mit einem Start up-Unternehmen aus Hamburg haben wir 2019 ein digitales Managementsystem als Branchenlösung für medizinische Einrichtungen entwickelt. Alle Abfallströme werden bei uns nun digital erfasst. Ich kann nun genau sehen, welche Abfälle wo und in welcher Menge anfallen und wie und wo sie entsorgt werden. Ich kann nun auch die Auslastung der jeweiligen Bereiche beurteilen. Zum Beispiel die Auslastung unserer Logistik. Das hilft ungemein, wenn man Wege und Entsorgungsströme optimieren und Verkehr vermeiden will. Kurz gesagt: Heute haben wir alle wichtigen Daten und einen kompletten Überblick! Gab es dabei überraschende Erkenntnisse? Eigentlich nicht. Die Daten haben im Großen und Ganzen zutage gefördert, was ich vermutet habe und aus vielen Kliniken bereits kenne: die wirklich schlechte Abfalltrennung. Aber das ist im gesamten Gesundheitssystem ein sehr großes Problem. Das Gesundheitswesen ist mit 1,2 Millionen Tonnen der fünftgrößte Abfallerzeuger in Deutschland. Das verdeutlicht das enorme Potenzial für Verbesserungen, um die Stoffkreisläufe zu schließen und die Wertstoffe nicht zu verbrennen. Wir haben inzwischen zahlreiche Trennbehälter an den verschiedenen Sammelstellen eingeführt und trennen unseren Müll nun möglichst frühzeitig. Wie viele Fraktionen unterscheiden Sie dabei? Zurzeit haben wir über 20 Abfallfraktionen. Das fängt an beim nicht infektiösen Krankenhausabfall, geht dann weiter über medizinische Abfälle – beispielsweise pathologische Abfälle oder Zytostatika – bis hin zu Dingen, die wir weiter verwerten möchten. Dazu gehören Kartonagen, Papier und auch Leichtverpackungen, die man zuhause in den Gelben Sack steckt. Wir sammeln auch Holz separat. Bauabfälle fallen in einem Klinikum auch immer an. Ebenso Sperrmüll und Elektroschrott. Glasabfälle trennen wir auch komplett. Die Infusionsflaschen gehen bei uns beispielsweise nicht mehr in die Müllverbrennung. Man könnte im Klinikbereich noch mehr trennen. Doch wir unterliegen einem strengen Abfallrecht. Das schränkt uns beim Trennen ein. Alles, was Kontakt zu Patienten hatte, darf zum Beispiel anschließend Herr Schmitz, Sie sind seit 2017 am Universitätsklinikum Bonn. Welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit heute in Ihrer Einrichtung? Und wie hat sich das seit Ihrem Eintritt verändert? Nachhaltigkeit hat sich inzwischen zu einem zentralen Thema bei uns im Klinikum entwickelt. Wir haben zum Beispiel eine Nachhaltigkeits-AG gegründet, die auf Eigeninitiative der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entstanden ist. Viele Ideen für Umstrukturierungen kamen auch aus der Mitarbeiterschaft und werden von unserem Vorstand unterstützt. Die Arbeitsgruppe nennt sich „UKB Green“. Sie besteht aktuell aus 42 Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Disziplinen. Der Austausch in der Gruppe stellt für mich einen echten Mehrwert dar, weil ich so neue Hinweise aus den verschiedenen Fachrichtungen erhalte. Im Grunde geht es aber immer darum, wie man das Gesundheitswesen nachhaltiger aufstellen könnte. Was sind das genau für Themen, die Sie diskutieren? Und wie erfolgreich sind die Maßnahmen, die Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in den vergangenen Jahren am UKB etabliert haben? Lassen Sie mich kurz die Dimensionen erklären, um die es geht: Das Gesundheitswesen als Ganzes hat einen sehr großen Einfluss auf unsere Umwelt. Und die Entsorgung des Abfalls ist darin ein sehr wichtiger Bereich. In einem Klinikum wie dem unserem gibt es viele große Nachhaltigkeits-Hebel, die man betätigen kann. Wir haben mehr als 1.300 Planbetten und jährlich rund 350.000 ambulante und 50.000 stationäre Patienten. Dazu kommen noch rund 40.000 Notfallpatienten. Insgesamt sind hier am Klinikum rund 8.400 Menschen beschäftigt. Wir sind aber kein Klinikum, dass en bloc geplant und auf der grünen Wiese errichtet wurde. Unser Campus mit seinen 38 Kliniken und Instituten wirkt eher wie ein eigener Stadtteil, der über Jahrzehnte wild gewachsen ist. Dementsprechend komplex sind auch die Entsorgungswege. Ich komme aus der Entsorgungsbranche. Als Entsorger war ich immer erstaunt, wie wenig Abfallwissen in den Kliniken vorhanden ist. Das ist in vielen Kliniken immer noch ein Problem. Denn die Patientenversorgung steht an erster Stelle. Die Abfallbeseitigung erfolgt meist nebenbei. Fachleute, die die Abfallgeset- „Gezielte Maßnahmen zur besseren Abfalltrennung und zum Recycling können sie natürlich nur einleiten, wenn sie alle Abfallströme genau kennen“

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