DESINFACTS | Ausgabe 2/2023

WISSEN 10 Wachsende Umweltbelastung durch Plastik Um die Dimension des „Plastik-Problems“ begreifbar zu machen, helfen vielleicht die beiden folgenden Zahlen: Allein etwa 4 bis 6 % der heutigen Ölproduktion werden für die Herstellung von Kunststoffen benötigt [1]. Das heißt, etwa jedes zwanzigste Fass Rohöl, das aus der Erde geholt wird, wird zu Plastik. Und ein großer Teil davon landet irgendwann als Makro- oder Mikroplastik in den Wäldern, Flüssen, Seen und Meeren. Der „Große Pazifische Müllteppich“ – „Great Pacific Garbage Patch“ – hat nicht nur inzwischen einen Eigennamen, die weltweit größte Ansammlung schwimmender Plastikteile ist wie die „Große Chinesische Mauer“ aus dem All sichtbar [2]. Meerestiere, die normalerweise in Küstennähe leben, haben den Müllteppich als Lebensraum entdeckt. Sie fressen dort und pflanzen sich fort [3]. Und über die Nahrungsketten gelangen die extrem langlebigen Kunststoff-Teilchen irgendwann wieder zu uns zurück. Die Verantwortung des Gesundheitswesens Wer sich fragt, wie und wo viele der Kunststoff-Verpackungen verwendet werden, die später auch einen Teil des Plastikmülls bilden, landet unweigerlich auch im Gesundheitswesen. Zu den im medizinisch-pharmazeutischen Bereich verwendeten Kunststoffverpackungssystemen gehören zum Beispiel, Beutel, Blister, Flaschen, Ampullen, Kartuschen, Inhalatoren oder Injektoren. Hinzu kommen Etiketten, Druckfarben und bedruckbare Umverpackungen, die ebenfalls Kunststoffe enthalten [4]. Und sie alle teilen mehrheitlich das typische Schicksal von Verpackungen: Sie werden früher oder später zu Müll. Bis zu 6 kg Abfall pro Patientin oder Patient fallen in deutschen Krankenhäusern täglich an. Im Vergleich: die Allgemeinbevölkerung produziert 1,7 kg pro Tag [5]. Würden von dem anfallenden Abfall die Kunststoff-Verpackungen komplett wiederverwertet werden, wäre schon viel gewonnen. Doch dazu müssen die Verpackungen sauber getrennt werden. Teflon, Nylon, Silikon, PE, PP, PVC & Co.: Ohne Kunststoffe ist unser modernes Leben nicht vorstellbar. Wegen ihrer Eigenschaften wurden Kunststoffe, die trotz ihrer Sortenvielfalt gerne einfach alle als „Plastik“ bezeichnet werden, einst als Wunderstoffe gefeiert. Heute werden sie hingegen vor allem als Problem wahrgenommen: Denn die Folgen des Kunststoff-Booms bedrohen die Umwelt und auch unsere Gesundheit. Glücklicherweise gibt es nachhaltige Lösungen. Doch der Weg dahin ist noch lang: Allein in Deutschland wurden im Jahr 2019 insgesamt rund 12,1 Mio. Tonnen Kunststoffe verbraucht. Mehr als die Hälfte davon (6,23 Mio. Tonnen) fielen als Abfall an. Nur etwas weniger als die Hälfte dieses Plastikmülls (2,93 Mio. Tonnen; 46,6 %) wurde anschließend in Recyclinganlagen verwertet. Der Rest (3,31 Mio. Tonnen; 52,8 %) wurde verbrannt [6]. Im Gesundheitswesen ist das Recyling mit zusätzlichen Herausforderungen verbunden. Denn es fallen auch viele Nadeln, Klingen und potenziell infektiöse Materialien als Abfall an. Diese erfordern besondere Vorkehrungen bei der Trennung und Entsorgung. Problematische Zusatzstoffe Mit den bislang unzureichenden Wiederverwertung und dem bei der Herstellung und Entsorgung anfallenden CO2-Ausstoß ist das „Plastik-Problem“ noch nicht komplett umschrieben: Denn alle gängigen Kunststoffe enthalten neben dem Polymer, also dem eigentlichen langkettigen Kunststoffmolekül, auch noch Zusatzstoffe. Diese auch Additive genannten Stoffe bestimmen maßgeblich die stofflichen Eigenschaften eines Kunststoffs: Das sicherlich bekannteste Beispiel für diese Additive sind Weichmacher. Andere häufig in Medikamentenverpa-ckungssystemen und medizinischen Geräten verwendete Additive sind Stabilisatoren, Gleitmittel, Antioxidantien oder auch Farbstoffe [4]. Problematisch kann es immer dann werden, wenn solche Zusatzstoffe nicht dort bleiben, wo sie sind: Wenn sie ausdünsten, wandern oder auslaugbar sind. Zur Sicherheit der Patientinnen und Patienten sollten daher alle im medizinischen und pharmazeutischen Bereich verwendeten Kunststoffe genau untersucht werden. So wird sichergestellt, dass sie keine „Auslaugstoffe“, sog. Leachables, enthalten [4]. Denn diese könnten sich bei Kontakt mit einem Arzneimittel mit diesem vermischen und möglicherweise dessen Wirkung verändern. Noch unzureichend untersucht ist auch das Schicksal der Zusatzstoffe in der Umwelt. Dass Mikroplastik toxische Additive freisetzen kann, belegen Nachweise in Wasser, Boden und Luft [7]. Kommt Mikroplastik über die Nahrung, die Atmung oder die Haut in Kontakt mit einem Menschen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass problematische Additive auch im Körper gelöst werden [7]. Nachhaltige Lösungen für PE, PP, PVC & Co.

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