PflegeDienst 2/2019

Einsamkeit und soziale Isolation gelten heutzu- tage als Trenddiagnose und immer öfter werden Einsamkeitsdebatten geführt. Auch Ärzte und Wis- senschaftler beschäftigen sich zunehmend mit dem Problem der Einsamkeit und sozialen Isolation, vor allem mit deren Auswirkungen auf die Gesundheit. Denn der Mensch ist ein soziales Wesen. Fühlt er sich ausgegrenzt, leidet er darunter, was psychische und physische Folgen haben kann, wie zahlreiche Studien beweisen. Eine englische Langzeitstudie zeigte beispielsweise auf, dass Menschen mit einem hohen Isolations- faktor früher starben. Zugleich sagte die Studie, dass die Vereinsamung im Alter auch mit einer Häufung schwerer Gesundheitsprobleme einhergeht, wie z. B. Herzerkrankungen, chronischen Lungenerkrankun- gen oder Arthritis. Das bestätigte eine weitere eng- lische Untersuchung, die soziale Isolation mit einem um 43 bzw. 39 % höheren Risiko für einen Herzin- farkt oder Schlaganfall verbindet. Allerdings weist diese Studie schon auf die vielen anderen Faktoren hin, die zusammenwirken. Körper- liche Aktivitäten, BMI, Rauchen oder Alkoholkon- sum, Haushaltseinkommen und Bildung sind ebenso Einflussfaktoren wie chronische Erkrankungen und depressive Symptome. Ähnliche Aussagen trifft der 7. Altenbericht der Bundesregierung, der auf den Zusammenhang zwischen Armut, sozialer Isolation und Gesundheitseinschränkungen hinweist. Alle Faktoren haben also starke Wechselwirkungen: So Soziale Isolation – Risikofaktor im Alter Unter den geriatrischen I‘s * wie beispielsweise I m- mobilität, I nstabilität, I nkontinenz und I ntellektueller Abbau stellt die soziale I solation ein schwer lösbares, psychosoziales Problem dar. Soziale Isolation – oft ver- bunden mit Einsamkeit – hat zudem einen erheblichen physischen Krankheitswert und kann so das Leben durchaus verkürzen. können Krankheiten zu Isolation führen, aber eben auch die Isolation zu Erkrankungen. Statistische Aus- sagen sind also sorgfältig zu interpretieren. Erschwert werden Analysen zudem dadurch, dass bereits die Begriffe „Einsamkeit“ und „soziale Isolation“ schwer zu definieren und zu messen sind. Soziale Isolation ist nicht gleich Einsamkeit Mit dem Begriff soziale Isolation wird in der Sozial- psychologie die Lebenssituation von Menschen beschrieben, die nur geringe soziale Kontakte haben. Eine soziale Isolation kann zu psychischen und phy- sischen Erkrankungen führen, was aber nicht zwin- gend der Fall ist. Denn objektiv bewertet, kann eine Person durchaus sozial isoliert sein, ohne dass sie die soziale Isolation subjektiv als Mangel empfindet. Um die Unterschiede zwischen einer objektiv bestehenden sozialen Isolation und der subjektiven Einschätzung durch die Betroffenen zu eruieren, wird sozialer Isolation häufig das Empfinden von Einsam- keit gegenübergestellt: Einsam kann eine Person sein, wenn sie die Anzahl und Intensität ihrer sozialen Kontakte als unzureichend empfindet und darunter leidet. Eine Person kann ebenso subjektiv an Einsam- keit leiden, obwohl sie objektiv gesehen über ausrei- chend soziale Kontakte verfügt. Einsamkeit kann vom Individuum aber auch frei gewählt sein. Wie Einsamkeit letztlich empfunden wird – zer- störerisch oder als Chance, sozial genormten Lebens- formen abzusagen – ist in hohem Maße von der Im Januar 2018 ernannte die bri- tische Premiermi- nisterin Theresa May die Staats- sekretärin für Sport und Ziviles, Tracey Crouch, zur weltweit ers- ten „Ministerin für Einsamkeit“. Anlass war eine Studie, nach der sich mehr als neun Millionen Briten oft oder immer einsam fühlen. 6 HARTMANN PflegeDienst 2/2019 Schwerpunkt

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