PflegeDienst 2/2020
Von den vier wichtigsten geriatrischen I s – I nstabilität, I mmobilität, I nkontinenz, I ntel- lektueller Abbau – ist I nkontinenz das Alters- syndrom, das am stärksten tabuisiert wird. Inkontinenz gilt allgemein als ein normaler Bestandteil des Alterungsprozesses, was eine Behandlung und sachgerechte Versorgung erschwert. Dennoch gibt es viele Optionen, von Inkontinenz Betroffenen wirksam zu helfen und Belastungen durch Inkontinenz wesentlich zu reduzieren. Inkontinenz ist ein stark tabuisiertes Leiden. Deshalb sind alle Angaben zur Prävalenz von Inkontinenz nicht sicher evaluiert. Schätzungen gehen von fünf bis neun Millionen Betroffenen aus und die Deut- sche Kontinenz Gesellschaft spricht bereits von einer „Volkskrankheit“. „Das ist eine nicht hinzunehmende Zahl von Betroffenen, die oftmals aus Scham keine medizinische Hilfe in Anspruch nehmen“, sagt dazu Prof. Dr. med. Axel Haferkamp, 1. Vorsitzender der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. „Dagegen müs- sen wir etwas tun. Wir müssen den Betroffenen zeigen, dass sie nicht alleine mit ihrem Problem sind – und Hilfe sehr gut möglich ist.“ Angaben der Gesellschaft zufolge ist Inkontinenz mittlerweile zu 30 bis 50% heilbar und zu 80% linderbar. Blasenfunktionsstörungen mit Harninkontinenz – allgemein auch als Blasenschwäche bezeichnet – sind eine der häufigsten Alterserkrankungen. Geht man von ca. fünf Millionen Menschen mit einer behand- lungs- und versorgungsbedürftigen Harninkontinenz aus, sind davon 2 Millionen älter als 60 Jahre, d. h. dass 11% der Senioren dieser Altersgruppe betroffen sind, bei den 80-Jährigen sogar 30%. Die starke Altersabhängigkeit der Inkontinenz erklärt auch die überdurchschnittlich hohen Zahlen in Alten- und Pflegeheimen. Schätzungsweise haben 80% der Heimbewohner ein mehr oder weniger aus- geprägtes Kontinenzproblem. Leiden sie zusätzlich an einer Demenzerkrankung, steigt diese Rate auf über 90% an. Durch die zunehmende Lebenserwar- tung ist mit weiter steigenden Erkrankungszahlen zu rechnen. Eine Inkontinenz kann sowohl die Harn-, als auch die Stuhlausscheidung betreffen. Die Harninkon- Inkontinenz im Alter – das verschwiegene Leiden Fakten zu Inkontinenz Der Begriff Inkonti- nenz leitet sich vom lateinischen „Incontinentia“ ab und bedeutet das Unvermögen, etwas zurückzuhalten. Dement- sprechend ist Harninkontinenz (Incontinentia urinae) als ein Zu- stand beschrieben, bei dem Urin ungewollt abgeht. Definition der ICS (In- ternational Continence Society): Harn- inkontinenz ist jeder unwillkürliche Harnabgang, d. h. wenn es dem Betroffenen nicht (immer) möglich ist, Zeitpunkt und Ort der Harnausscheidung selbst zu bestimmen und zu kon- trollieren. Inkontinenz ist eine von der WHO anerkannte Krankheit: Sie tritt als Folge ver- schiedener Grunderkrankungen auf. Inkontinenz ist damit eigent- lich kein eigenständiges Krank- heitsbild, sondern ein Symptom, für eine zugrunde liegende Er- krankung. Da Inkon- tinenz von der WHO als Krankheit anerkannt ist, fallen Diagnose, Be- handlung und die Versorgung mit Inkontinenzhilfsmitteln in die Leistungspflicht der gesetz- lichen Krankenkassen . 8 HARTMANN PflegeDienst 2/2020 Wissen
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