PflegeDienst 3/2020
Sturzprophylaxe auf dem haftungsrechtlichen Prüfstand Die pflegerische und ärztliche Berufsausübung ist hinsichtlich der Vielfalt möglicher Komplika- tionen oder gar dem Misserfolg der Bemühungen grundsätzlich mit einem rechtlichen Risiko behaftet. Dieses Behandlungs- fehlerrisiko spiegelt sich letztlich auch in der Anzahl der Haftungs- prozesse wider. Wenngleich keine einheitliche Statistik über die zivilrechtlichen Verfahren im Gesundheitswesen existiert, haben die Schadens- ersatz- und Schmerzensgeld- klagen gegen Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Ärzte und Pflegende nach wie vor Konjunk- tur. So liegen den Gutachterkom- missionen und Schlichtungsstellen heutzutage immerhin ca. 11000 Anträge pro Jahr zur Entschei- dung vor. Während im ärztlichen Haf- tungsrecht dabei Fehlbehandlun- gen aus der Unfallchirurgie und Orthopädie die Schadensersatz- statistiken anführen, sind es bei Schadensregulation eingesetzt, bedeutet dies dann für die versi- cherte Einrichtung, dass das Fehl- verhalten in jedem Einzelfall posi- tiv (oft durch Urteil) festgestellt wird. 1 Diese haftpflichtversiche- rungsrechtliche Entwicklung kann die Schadenrisiken „Sturz“ und auch ,,Dekubitus“ in besonderer Weise betreffen, da Versiche- rungsunternehmen grundsätzlich bestrebt sind, Haftpflichtgefahren dort einzugrenzen, wo unüber- sehbare Haftungsrisiken einer kontrollierten Kostenkalkulation gegenüberstehen. Haftung für Fehler im Bereich Sturzprophylaxe Wie für die Haftung in der Deku- bitusprophylaxe gilt prinzipiell auch für den Schadensersatzbe- reich Sturzprophylaxe, dass der Kläger alle anspruchsbegründeten Voraussetzungen beweisen muss. Gemäß § 630h Abs. 1 BGB wird ein Behandlungsfehler vermu- tet, wenn sich ein allgemeines den nichtärztlichen Haftungsgrün- den vor allem Versäumnisse bei den pflegerischen Prophylaxen, insbesondere bei der Vermeidung von Dekubitus und der Prävention von Sturzereignissen. Haftungsspezifika in Pflege und Medizin Mit der Häufung der Klagen in den Versorgungsbereichen „Deku- bitus- und Sturzprophylaxe“ und der zivilgerichtlichen Tendenz, höhere Schadensersatz- und Schmerzensgeldsummen festzule- gen, schwindet zunehmend auch das Interesse der Haftpflichtver- sicherer, diese Schadenrisiken in den Schutz zu nehmen. Äußeres Zeichen hierfür ist das nachlassende Interesse an den Teilungsabkommen mit den Sozialversicherungsträgern, auf deren Grundlage eine verein- fachte Abwicklung von Schadens- ereignissen stattfinden kann. Wird jedoch das Instrument „Tei- lungsabkommen“ nicht mehr zur Die Klagewelle im Gesundheits- wesen hält unver- mindert an. Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sind der allgegenwärtigen Gefahr ausgesetzt, wegen einem Pflegefehler zu einem Schadensersatzanspruch zur Verant- wortung gezogen zu werden. Neben der Dekubitusprophylaxe zählen hier- bei die Versäumnisse bei der Sturz- prophylaxe zu den hauptsächlichen Haftungsgründen. Praxis 18 HARTMANN PflegeDienst 3/2020
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