PFLEGEDIENST 2/2021

6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 5,5 5,0 4,5 sauer alkalisch h a u t f r e u n d l i c h e r p H - W e r t h a u t s c h ä d l i c h e r p H - W e r t Wo eine Inkontinenzversorgung notwendig ist, sind Hautprobleme nicht weit. Experten in For- schung und Praxis sehen darin die wichtigste Langzeitkomplikation bei inkontinenten Perso- nen. In der Junkin-Studie wurden bei 42,5 % aller Betroffenen irritative Hautveränderungen wie Rötungen, allergisch bedingte Reizungen oder auch eine inkontinenzassoziierte Dermatitis (IAD) nachgewiesen. c 1 Die Charité in Berlin geht davon aus, dass bei 7,0 % der Pflegeheimbewoh - ner ein Hochrisiko für eine IAD besteht. c 2 Und laut der Bliss-Studie mussten 6,9 % der Betroffe - nen sogar ärztlich behandelt werden. c 3 Solche Schädigungen der Haut bedeuten nicht nur eine schmerzhafte Belastung und einen Ver- lust an Lebensqualität für den Betroffenen, son- dern können auch den Pflegeaufwand drastisch erhöhen. Für alle an der Inkontinenzversorgung Beteiligten – Ärzte, Pflegekräfte und auch Ange- hörige – sollte deshalb die Gesunderhaltung der Haut primäres Ziel aller Maßnahmen sein. Das bringt die Haut aus dem Gleichgewicht Man geht von fünf Risikofaktoren aus, die allein oder im Zusammenwirken die „Integrität“ der Haut bei einer Inkontinenz erheblich beeinträch- tigen und zu Schädigungen bis hin zu einer IAD führen können. ½ Aufquellen der Hornschicht: Ist die Haut über längere Zeit Flüssigkeiten oder Feuchtigkeit ausgesetzt, quillt sie auf und lockert ihre Struk- tur. Dadurch neigt sie dazu, Wasser zu verlieren und auszutrocknen. Gleichzeitig reduziert ein feuchtes Milieu den Säuregehalt der Haut und beeinträchtigt so deren Barrierefunktion gegen- über (pathogenen) Mikroorganismen. ½ Bildung von aggressivem Ammoniak: Im Urin enthaltene Bakterien und deren Enzyme (Ureasen) können aus Harnstoff stark alkali- schen Ammoniak bilden, der den natürlichen pH-Wert der Haut von etwa 4,5 bis 5,5 kritisch erhöht und den Säureschutzmantel der Haut zerstört. ½ Restaktivität von Verdauungsenzymen: Im Stuhl enthaltene Reste von Verdauungsenzy- men – im Darm zuständig für die Aufspaltung von Eiweißen, Kohlehydraten und Fetten – grei- fen die Hautschichten direkt an, vor allem bei Durchfall (Diarrhö). ½ Chemisches Trauma der Hautreinigung: Beim Waschen wird der Säureschutzmantel der Haut regelmäßig weggewaschen. Gleichzeitig wird die Haut entfettet und in ihrer Barrierefunktion geschwächt. Beides umso mehr, wenn alkali- sche Seifen verwendet und nicht vollständig abgewaschen werden. Warum pH 5,5 so wichtig ist Hautschäden durch Inkontinenz belasten nicht nur die Betroffenen, es können auch hohe Kosten für Behandlung und größeren Pflegeaufwand entste- hen. Dies zu verhindern, ist Ziel einer dermatolo- gisch orientierten Inkontinenzversorgung. Hautgesundheit im Alter Bei Inkontinenz die Haut gesund erhalten Hilfreich in der Praxis – der Expertenstandard des DNQP: www.dnqp.de/ Der pH-Wert ist ein Maß für die Säurekonzentration in wässerigen Lösungen und beschreibt die Stärke der sauren bzw. basischen Wirkung einer Lösung. Der optimale pH-Wert unserer Haut liegt zwischen 4,5 und 5,5. Ein pH-Wert von 7 gilt als neutral. Der leicht saure pH-Wert der Haut entsteht durch den aus Schweiß- und Talgdrüsen gebildeten sog. Säure- schutzmantel und hält die Haut gesund: Er neutralisiert alkalische Stoffe (z. B. Urin, Stuhl, alkalische Seifen) und verhindert das Wachstum von Bakterien und Pil- zen. Steigt der pH- Wert jedoch in den alkalischen Bereich, können wichtige Hautfette für den Säureschutzmantel nicht mehr auf- gebaut werden. Die Haut wird anfällig für Infektionen. PRAXIS 14 HARTMANN PFLEGE DIENST 2/2021

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