PFLEGEDIENST 2/2022

HARTMANN bietet für die Qualifikation von Pflegediensten zu spezialisierten Leistungserbringern zahlreiche Fortbildungsangebote in Zusammenarbeit mit etablierten Bildungspartnern an. Yplhn.de/pdfbw qualifizierte Pflegefachkraft mit einschlägiger Berufserfahrung kann daher Frequenz und Dauer einschätzen.“ Die Rolle der Modellvorhaben So gibt es also heute schon konkrete Beispiele für die Übertragung von Kompetenzen, während zugleich im Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz Modellvorhaben verpflichtend gefordert werden. Diese sollten bis März 2022 definiert sein und im Januar 2023 starten. Jetzt gibt es mit drei Monaten Verzögerung den entsprechenden Rahmenvertrag, der zumindest Modellprojekte vorsieht zu den drei Themen Diabetes, Demenz und chronische Wunden. Eine Fachkommission hat dafür auf über 70 Seiten „Standardisierte Module zum Erwerb erweiterter Kompetenzen zur Ausübung heilkundlicher Aufgaben“ definiert. „Eigentlich braucht man für diese Tätigkeiten eine komplett neue Ausbildung, die aber aktuell niemand hat“, gibt Steffi Nawrath zu bedenken. „Selbst erfahrene Mitarbeiter erfüllen die geforderte Qualifikation nicht. Sie zu erreichen, würde eine enorme Bindung von Kosten und Zeit bedeuten – und das bei sowieso knappen Ressourcen.“ Kritisch sieht auch Prof. Andreas Büscher, der wissenschaftliche Leiter des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP), diese Vorhaben, die in § 64d SGB V definiert sind. Zwar erkenne er den Willen zur Weiterentwicklung gegenüber der alten Regelung, erklärte er beim Deutschen Pflegetag, zeigte aber zugleich zahlreiche Probleme auf. So läge der Fokus auf Delegation und Substitution statt auf Kooperation und neuen Versorgungskonzepten. Außerdem sieht er eine komplette Ignoranz gegenüber bestehenden Expertenstandards und sträfliche Nichtbeachtung jahrelanger beruflicher Expertise. „Das macht mich wütend“, sagte er. „Da machen Leute seit Jahren diesen Job und man sagt ihnen, ihr seid dafür zu doof.“ Und so fordert er mehr Mut zu Kooperationen und mehr Zutrauen zu den Pflegeberufen. Wirtschaftlichkeit versus Qualifikation Bei allen Diskussionen um die Qualifikation steht auch immer die Wirtschaftlichkeit im Raum. Bestes Beispiel ist die HKP-Richtlinie mit den Anforderungen an spezialisierte Leistungserbringer. Dies bedeutet, dass für die Wundbehandlung zu Hause seit dem 1.1.2022 bestimmte Qualifikationsanforderungen gelten und seit dem 1.10. von den Krankenkassen eine Umsteuerung hin zu spezialisierten Leistungserbringern möglich ist. Letzteres hat bisher nicht in größerem Umfang stattgefunden, nur einzelne Krankenkassen mahnten bei den Pflegediensten den Nachweis der Qualifikation an. „Und erst einmal muss sichergestellt sein, dass es überhaupt genug Leistungserbringer gibt“, merkt Steffi Nawrath an. Da spiele dann auch das Thema Wirtschaftlichkeit noch eine Rolle, denn bisher existieren immer noch keine gültigen Versorgungsverträge und Vergütungsvereinbarungen. Es werden also von den Pflegediensten zusätzliche Qualifikationen gefordert, aber zugleich besteht für diese die Gefahr, dass trotz einer zugesagten „zusätzlichen“ Vergütung kein kostendeckendes Wirtschaften möglich sein wird. „Wenn das Pflegeheim unbezahlbar wird“, überschreibt der SPIEGEL seine Story, „Kostenschock für Pflegeheimbewohner“, heißt es in der FAZ. Thema beider Artikel sind die Auswirkungen des von der damaligen Bundesregierung vorgestellten und vom Bundestag im Juni 2021 verabschiedeten Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes, kurz GVWG. Es legt fest, dass seit dem 1. September 2022 nur noch solche Pflegeeinrichtungen zugelassen sind, die ihren Angestellten Tariflöhne (oder vergleichbare Entgelte) bezahlen. Auch wenn allen klar sein sollte, dass der Pflegeberuf nur mit fairer Bezahlung attraktiv ist, ergeben sich doch aus der Regelung aktuell einige Probleme. Zum einen treffen die daraus resultierenden Kostensteigerungen auf eine insgesamt galoppierende Inflation und insbesondere extrem gestiegene Energiekosten – und bei Pflegeheimen kann die Raumtemperatur eben nicht einfach auf 19 Grad abgesenkt werden. Zum anderen werden die Pflegekassen nur einen Teil davon übernehmen und die Frage der Refinanzierung ist für die Einrichtungen noch nicht geklärt. Bei Heimen, die ihre Mitarbeiter bisher schon nach Tarif entlohnt haben, werden die Änderungen zwar eher gering sein, bei anderen sind drastische Steigerungen möglich. Und auch wenn die Pflegebedürftigen durch eine andere Regelung des GVWG eine Entlastung von bis zu 70 % im dritten Jahr einer Heimunterbringung erhalten, sind für viele der über 800 000 Bewohner von Altenheimen Steigerungen von 30 bis 40 % möglich. „Bei den Pflegeheimbewohnern schlägt die Armutsfalle zu“, sagt daher auch Eugen Brysch, der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Wird ein Pflegeheimplatz bald unbezahlbar? PRAXIS 17 HARTMANN PFLEGEDIENST 2/2022

RkJQdWJsaXNoZXIy NDU5MjM=