saure Milieu der Scheide, das Flimmerepithel in den Luftwegen und selbstverständlich ein gut funktionierendes Immunsystem. Im Alter aber wird wieder einmal alles anders. Normale physiologische Alterungsvorgänge, chronische Alterskrankheiten und die im Alter häufige Mangelernährung oder auch Tumorleiden schwächen das Immunsystem erheblich, die Disposition für Infektionen wächst. Zu beobachten sind dabei ganz typische Infektionskrankheiten, die gehäuft die Harnwege, die Atmungsorgane, die Haut und den Verdauungstrakt betreffen. In stationären Alten- und Pflegeheimen konzentrieren sich nun viele Bewohner, die einen zunehmend hohen Grad an Pflegebedürftigkeit und Immundefiziten aufweisen. Zusätzlich bringt die frühere Verlegung noch medizinisch betreuungsbedürftiger alter Menschen aus Einrichtungen der Akutversorgung in Alten- und Pflegeheime einen erhöhten Bedarf an Behandlungspflege mit sich, wodurch weitere Infektionsrisiken gegeben sind. Die hygienischen Maßnahmen zur Infektionsprävention in Alten- und Pflegeheimen unterliegen deshalb verständlicherweise strikten gesetzlichen Vorgaben und Auflagen, um Schaden von Bewohnern und Personal abzuwenden. Expositions- und Dispositionsprophylaxe verringern das Infektionsrisiko Hygiene basiert auf zwei grundsätzlichen Präventionsprinzipien: der Expositions- und der Dispositionsprophylaxe. ½ Expositionsprophylaxe bedeutet, die unbelebte, belebte und soziale Umwelt dahingehend zu beeinflussen, dass die von ihr ausgehenden Gefahren für den Menschen möglichst gering gehalten werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die hygienische Händedesinfektion zur VermeiMeilensteine in der medizinischen Hygiene Schon früh scheint der Mensch aus Erfahrung heraus Maßnahmen ergriffen zu haben, die im weitesten Sinne dem Bereich der Hygiene zugeordnet werden können. Die ältesten Regeln finden sich in kultischen und später in religiösen Vorschriften, vor allem im Talmud, in der Bibel und im Koran, vereinzelt auch in antiken Dokumenten. Die antike Welt kannte auch bereits Wasserleitungen und Kanalisation, und speziell Griechen und Römer hatten eine große Vorliebe für Gemeinschaftsbäder. Sie dienten der Reinigung des Körpers, aber auch der Erfüllung von Sinnesfreuden. Auch in der Medizin gab es Hygieneregeln, so war dem Chirurgen beispielsweise peinliche Sauberkeit als Pflicht auferlegt. Denn immerhin hegten die Menschen bereits damals die Vorstellung, dass es in der Atmosphäre oder in den Ausdünstungen des Bodens winzige Lebewesen und unbelebte Stoffe gebe, die Krankheiten hervorrufen. Die Griechen bezeichneten sie als „Miasma“. Noch aber waren diese Feinde unsichtbar und schrecklich in ihren Auswirkungen auf die Menschheit. Fortschritte in den Wissenschaften leiten dann langsam in eine neue Ära der Hygiene über. 1674 beschreibt der holländische Kaufmann und Optiker Antoni van Leeuwenhoek [1] zum ersten Mal Bakterien. Da er nicht weiß, worum es sich handelt, nennt er sie „animalculi“, winzig kleine Tierchen, die er mit seinem selbst konstruierten Mikroskop erkennen kann, die aber für das bloße Auge unsichtbar sind. 1796 entdeckt der Engländer Edward Jenner das Prinzip der Impfung, und die Pockenschutzimpfung wird eingeführt. 1847 findet der Ungar Ignaz Semmelweis [2] heraus, dass die verunreinigten Hände obduzierender Ärzte das tödliche Kindbettfieber auslösen. Er führt Waschungen der Hände und Instrumente mit wässriger Chlorkalklösung ein. Der Franzose Louis Pasteur (1822-1895) [3] entdeckt bei seinen bahnbrechenden Arbeiten zum Phänomen der Gärung, dass Mikroorganismen hierbei eine große Rolle spielen und auch organische Fäulnisprozesse wie die Eiterung von Wunden verursachen. Er entdeckt die Strepto-, Pneumo- und Staphylokokken und entwickelt eine Schutzimpfung gegen Tollwut. 1867 führt der Engländer Joseph Lister [4] das Verfahren der Antisepsis in die Chirurgie ein. Wunden werden mit karbolgetränkten Verbänden, Instrumente und die Umgebung mit Karbolspray desinfiziert. Die Todesrate in den verseuchten Hospitälern sinkt. 1874 begann Paul Hartmann sen. [5], der Gründer der PAUL HARTMANN AG, nach brieflicher Anleitung von Sir Joseph Lister mit der Herstellung von Lister‘schen antiseptischen Verbandstoffen und Catgut. Der Deutsche Robert Koch (1843- 1910) [6] gilt als Begründer der modernen Bakteriologie. Er entwickelt ein Verfahren zum Nachweis von Erregern mithilfe von Nährböden und entdeckt die Erreger für Gonorrhö, Tuberkulose, Cholera, Meningitis, Pest und Syphilis. 1928 wird der Schotte Alexander Fleming auf die keimtötende Wirkung von Penicillin aufmerksam. Aus dem Pilz wird später das bekannte Antibiotikum isoliert. 1 4 2 5 3 6 WISSEN 8 HARTMANN PFLEGEDIENST 2/2022
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