PFLEGEDIENST 1/2023

mit der Folge, dass die Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose durchschnittlich schon seit sieben Jahren diabetisch sind und bereits nicht mehr rückgängig zu machende Langzeitschäden davongetragen haben. Späte Erstmanifestation macht vieles schwierig Da sind zunächst einmal große Unterschiede im Hilfsbedarf der Diabeteskranken. Denn wie die in der Pflege Tätigen am besten wissen, ist die körperliche und geistige Fitness in der Gruppe der alten und betagten Menschen sehr heterogen. So gibt es selbstständige und noch weitgehend unabhängige Menschen (Go-Go), die durchaus eigenverantwortlich an der Beherrschung ihrer Stoffwechselstörung mitarbeiten können. Diese Patienten werden vor allem Führung und Motivation brauchen, denn es ist nicht einfach, im fortgeschrittenen Alter plötzlich und diszipliniert seine Lebensgewohnheiten umstellen zu müssen, um sich trotzt Diabetes mellitus Lebensqualität zu erhalten. Weitaus häufiger aber wird mit dem typischen „geriatrischen Patienten“ (Slow-Go und No-Go) umzugehen sein, der mit so manchen oft schweren Behinderungen und Beeinträchtigungen zu kämpfen hat. Zu nennen sind hier beispielsweise eine erhöhte Anfälligkeit für gesundheitliche Störungen als Folge der physiologischen Altersveränderungen, das Vorliegen mehrerer Erkrankungen (= Multimorbidität) mit organübergreifenden Wechselwirkungen, eine somatisch, kognitiv und affektiv erhöhte Instabilität sowie eine verringerte Anpassungsfähigkeit, aber auch das häufige Vorliegen geriatrischer Syndrome wie Inkontinenz, Sturzneigung, chronische Wunden, Malnutrition, Depression oder Demenz in verschiedenen Stadien. Tritt dann dazu Diabetes auf, bedeutet dies für die Betroffenen eine erhebliche VerschlechWie kommt es zu Diabetes mellitus ? ½ Ein Großteil unserer Ernährung besteht aus Kohlenhydraten, die im Dünndarm gespalten und als Glucose, der einfachsten menschlichen Zuckerverbindung, zur Leber transportiert werden. ½ Von hier aus wird die Glucose als „Brennstoff“ zur Energiegewinnung an die Körperzellen weitergeleitet. ½ Die im Blut transportierte Glucose kann aber nicht so ohne weiteres in die Körperzellen gelangen. Der Eintritt in die Zellen ist nur über bestimmte „Pforten“, sog. Rezeptoren, in den Zellwänden möglich, die zuvor durch das Hormon Insulin „aufgeschlossen“ werden müssen. ½ Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) [1] in den B-Zellen der sog. Langerhans-Inseln [2] produziert und direkt ins Blut abgegeben. ½ Wie viel Insulin benötigt wird, ist abhängig von der Glucosekonzentration im Blut. ½ Steigt diese an, wird entsprechend mehr Insulin freigesetzt, ein Absinken der Glucosekonzentration hemmt die Ausschüttung. ½ Mit diesem Regelsystem kann der Körper gut auf das wechselnde Kohlenhydratangebot reagieren, aber auch auf den unterschiedlichen Bedarf an Glucose, wie er z. B. durch erhöhte körperliche Aktivitäten entsteht. ½ Ist die Bauchspeicheldrüse jedoch nicht mehr in der Lage, Insulin zu produzieren (absoluter Insulinmangel), oder kann die Insulinproduktion nicht mehr den Erfordernissen angepasst werden, sammelt sich die Glucose im Blut an, die Blutzuckerkonzentration steigt. ½ Bei hohen Konzentrationen ist auch die Filtrationsleistung der Nieren überfordert – ab etwa 180 mg/dl Glucose im Blut tritt der Zucker im Urin auf. Diabetes-Formen Man unterscheidet im Wesentlichen zwei Diabetes-Formen: den Typ-1 und Typ-2. Darüber hinaus gibt es noch einige seltenere Diabetes-Sonderformen und den sogenannten Schwangerschafts-Diabetes (Gestationsdiabetes). Diabetes mellitus Typ-1 tritt vorwiegend im Kindes- und Jugendalter auf, kann sich aber auch in späteren Jahren manifestieren. Verursacht wird diese Diabetesform durch eine schleichende Zerstörung der Insulin produzierenden B-Zellen in der Bauchspeicheldrüse, was zu absolutem Insulinmangel führt. Zur Behandlung muss Insulin gespritzt werden. Diabetes mellitus Typ-2 ist die weitaus häufigere Diabetesform. Etwa 95 % der Diabetiker, überwiegend ältere Menschen, sind davon betroffen, weshalb der Typ-2-Diabetes umgangssprachlich auch als „Alterszucker“ bezeichnet wird. Bei einem Typ-2-Diabetes reagieren die Zellen nicht oder nicht mehr ausreichend auf das körpereigene Insulin. Es entwickelt sich eine sogenannte Insulinresistenz, meist als Folge einer dauerhaften Überernährung (Fettsucht) mit Bewegungsmangel. Behandelt wird durch Gewichtsreduzierung, kaloriengerechte Ernährung, viel Bewegung und verschiedene Medikamente (Antidiabetika), ggf. auch mit Insulin. 1 2 WISSEN 8 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2023

RkJQdWJsaXNoZXIy NDU5MjM=