PFLEGEDIENST AUSGABE 1/2024 Ernährung im Alter – Risiko Malnutrition Katabolismus & Malnutrition bei chronischen Wunden Untersuchungs- handschuhe – Sicherheit dank bewusstem Umgang Peha®-instrument – für Sicherheit in der Wundversorgung
MoliCare® Premium Form +SIZE Große Menschen optimal versorgt Der Anteil stark übergewichtiger Menschen in der Bevölkerung steigt weiter. Adipositas korreliert zudem häufig mit Belastungsinkontinenz. Die üblicherweise eingesetzten Produkte sind in der Fläche oft zu klein und für einen optimalen Sitz gibt es keine passenden Fixierhosen. Dies führt zu speziellen Herausforderungen: Ausläufer durch kleine oder schlecht sitzende Inkontinenzprodukte sorgen für Wäscheberge und peinliche Situationen. In Hautfalten im Schrittbereich können Hautreizungen und Hautschädigungen entstehen. Die perfekte Ergänzung: MoliCare Premium Fixpants Größe 5XL Extra Schutz durch 39 % größere Oberfläche mit längerem und breiterem Produkt.1 Fühlt sich trocken und angenehm an durch 50 % schnellere Urinaufnahme.2 NEU Genau dafür hat HARTMANN die passende Lösung: die extragroße, speziell für die Bedürfnisse großer Menschen entwickelte Inkontinenzvorlage MoliCare Premium Form +SIZE. Sie hilft, Ausläufer zu vermeiden, und die pH-hautneutrale Saugkörper-Ausstattung mit der MoliCare SkinGuard Saugkörpertechnologie hilft, die Haut gesund zu erhalten. Zu einem zweiteiligen System gehört die passende Fixierhose. Das Sortiment der MoliCare Premium Fixpants bietet dafür die Größe 5XL für eine optimale Versorgung bis zu einem Taillenumfang von 240 cm. 1 Im Vergleich zu MoliCare® Premium Form Produkten mit 6-9 Tropfen Saugstärke 2 Im Vergleich zum Vorgänger MoliCare® Premium Form 8 Tropfen +SIZE (Art.Nr. 168519) Wichtige Information PFLEGEDIENST 2024 – voll digital und mit noch mehr Nutzwert Seit fast drei Jahrzehnten bietet der HARTMANN PFLEGEDIENST allen Pflegekräften in der ambulanten und institutionellen Pflege aktuelle fach- und produktspezifische Informationen. Neben einem ausführlichen Wissensthema gehört dazu ein breites Informationsspektrum in den Rubriken AKTUELL sowie PRAXIS. Die gedruckte Ausgabe, die Sie bisher zweimal jährlich erhalten, wird ab dem zweiten Halbjahr 2024 durch ein neues digitales Format ersetzt. Viermal jährlich erhalten Sie per E-Mail noch mehr praxisnahes Wissen, noch aktuellere Informationen, Produktnews und Veranstaltungstipps und vor allem hochwertige interaktive E-Learnings, die unsere Rubrik WISSEN in die digitale Welt führen und mit denen Sie Ihre Kompetenzen regelmäßig aktualisieren können. Jetzt kostenlos für den digitalen PFLEGEDIENST registrieren: plhn.de/pdabo AKTUELL 2 HARTMANN PFLEGEDIENST 1/ 2024
Ob Wundmanagement, Inkontinenzversorgung, Hygiene oder Erhaltung und Förderung der Hautintegrität – der HARTMANNCAMPUS ist die umfassende Plattform für Wissen und Fortbildung. Das breite Angebot an interaktiven E-Learnings, Präsenzseminaren sowie vielen informativen Wissensbeiträgen wird ständig erweitert. Neu sind zwei interaktive E-Learnings. Dabei geht es zum einen um den DNQP-Expertenstandard „Hautintegrität“ und wie das Strukturierte Hautpflege-Konzept von HARTMANN die professionelle Pflege bei der Implementierung spürbar entlasten kann. Zum anderen wird das neue Konzept des WundBalance-Kontinuums und seine praktische Anwendung vorgestellt. Das Konzept wird außerdem in einem praxisnahen Webinar weiter erläutert, das auch praktische Tipps für die Produktanwendung enthält. Und nicht zuletzt stellt ein weiteres Webinar die Besonderheiten der nachhaltigen Flächendesinfektionstücher Bacillol Zero Tissues vor. Reinschauen lohnt sich also! HARTMANNCAMPUS Mit einem breiten Themenspektrum Alle Inhalte im HARTMANNCAMPUS sind nach einer kurzen Registrierung kostenlos online für PC oder Tablet abrufbar. Yhartmanncampus.de WUNDCAMPUS zur ICW®-Rezertifizierung Neue Themen für mehr Wissen Modern, flexibel und kostengünstig – das ist der WUNDCAMPUS, das einzige Angebot, das eine reine OnlineMöglichkeit zur Aufrechterhaltung der ICW-Qualifikationen bietet. Zwei Punkte können mit dem erfolgreichen Abschluss jedes Kurses erreicht werden – und das für nur 29 Euro pro Kurs! Außerdem sind Pakete mit drei oder vier beliebig wählbaren Kursen erhältlich für 79 bzw. 89 Euro. Das Angebot wird regelmäßig erweitert. Zu den bisher 13 Kursen kam als letzte Ergänzung das Seminar „WundBalance-Kontinuum – mit Vertrauen Wundheilung erreichen“. John Schäfer, einer der Mitautoren des Konzepts, erläutert dabei in acht Lektionen, wie das multifaktorielle Konzept der WundBalance theoretisch aufgebaut und wie ein Transfer in die Praxis möglich ist. Weitere Kurse, z. B. zur Behandlung eines Dekubitus oder eines Ulcus cruris venosum, sind für die nächsten Monate geplant. Ywundcampus.de Hautintegrität Erfolgreiche Webinare Spannende Webinare sind ein wichtiger Teil des Fortbildungsangebots von HARTMANN. Auch die Webinare zum Expertenstandard „Hautintegrität“ und zum Strukturierten HautpflegeKonzept gehören dazu – und waren ein voller Erfolg: Über 80 % der Teilnehmenden waren der Meinung, dass das Strukturierte Hautpflege-Konzept bei der Implementierung des Expertenstandards sehr helfe. Yplhn.de/pdhk 2 ICW-Punkte pro Kurs 3 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2024 AKTUELL
Über 5 000 Tonnen CO₂-Emissionen entstehen jedes Jahr allein durch den Einsatz von PET-Desinfektionstüchern im deutschen Krankenhausmarkt. Die Lösung von HARTMANN heißt Bacillol 30 Sensitive Green Tissues. Die neuen Desinfektionstücher sind 100 % plastikfrei, bestehen komplett aus nachwachsenden Rohstoffen und sparen pro Verpackung zudem 25 % CO2 ein, pro Tuch sind es sogar 50 %. 1 Dies wird erreicht durch ein verbessertes Verpackungsdesign, Rohstoffe aus nachhaltiger Forstwirtschaft, einen von 80 auf 120 Tücher vergrößerten Der dreifache Gewinn Für die Umwelt: Die Tuchfasern der Bacillol 30 Sensitive Green Tissues sind PEFC-zertifiziert. Das bedeutet: Die Rohstoffe stammen aus nachhaltiger Forstwirtschaft, die die Artenvielfalt fördert und das Klima schützt. Durch den Verzicht auf Plastik verbessert sich außerdem die CO₂-Bilanz. Denn anders als bei normalen PETTüchern entstehen bei der Herstellung deutlich weniger Treibhausgase. Für den Menschen: Der Verzicht auf Kunststoff beim eingesetzten Tuchmaterial hat nicht nur einen positiven Effekt auf die Umwelt, sondern auch auf die Gesundheit. Der Grund: Jeder Wisch mit üblichen PET-Desinfektionstüchern setzt Mikroplastik frei, das über die Atmung in die Lunge, das Blut und sogar das Herz gelangen kann. Genau das verhindern die Bacillol 30 Sensitive Green Tissues, da die Tuchfasern aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Für Gesundheitseinrichtungen: Im Vergleich zu den Bacillol 30 Sensitive Tissues haben wir den Verpackungsinhalt der nachhaltigen Variante deutlich erhöht: Statt 80 Tüchern enthält jedes Flowpack nun 120 Tücher. Das entspricht 50 % mehr Inhalt. Mit einer Packung können nun 60 m² mehr Fläche gereinigt werden. Außerdem entsteht so deutlich weniger Verpackungsabfall. Eine 100 % höhere Palettenauslastung spart zudem Transportwege.2 Bacillol 30 Sensitive Green Tissues sind in Packungen zu je 120 Tüchern (17 x 20 cm) erhältlich. Passend dazu gibt es einen Flowpack Wandhalter sowie einen Flowpack-Halter flex. Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues Der Bestseller – jetzt in nachhaltig Weniger Plastikabfall, besser für die Umwelt: Die neuen Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues für die Flächendesinfektion helfen dabei, nachhaltiger zu werden. Packungsinhalt sowie eine effizientere Logistik. Mehr Nachhaltigkeit, gleiche Leistung Die neuen Bacillol 30 Sensitive Green Tissues sind dabei genauso leistungsstark, material- und hautverträglich wie der Klassiker, die Bacillol 30 Sensitive Tissues. ½ Wirksamkeit: Bacillol 30 Senstive Green Tissues verfügen über eine schnelle Einwirkzeit. Sie sind wirksam gegen Coronaviren in 30 Sekunden, Bakterizid und levurozid in einer Minute und wirksam gegen Noroviren in zwei Minuten. ½ Materialverträglichkeit: Sie sind gut geeignet für empfindliche Oberflächen wie Displays, Tastaturen, Handys und Tablets, für empfindliche, nicht invasive medizinische Produkte und für Polycarbonat, Acrylglas und Polysulfon sowie Kunstleder. ½ Hautverträglichkeit: Die Flächendesinfektionstücher sind dermatologisch getestet und vom SGS Institut Fresenius zertifiziert. Sie verfügen über das ECARF-Qualitätssiegel für allergiker- und asthmatikerfreundliche Produkte und können (sofern Arbeits- und Infektionsschutz dies zulassen) ohne Handschuhe angewendet werden. Yplhn.de/pdbst 1 Im Vergleich zu Bacillol 30 Sensitive Tissues 2 Gemessen an der Anzahl der Desinfektionstücher im Vergleich zu Bacillol 30 Sensitive Tissues AKTUELL 4 HARTMANN PFLEGEDIENST 1/ 2024
Erstflug durch den wundkosmos® „Yes we care!“ lautet das Motto des ersten wundkosmos Kongresses im altehrwürdigen Filmtheater Kosmos in Berlin am 7. und 8. November 2024. Er wird Experten und Enthusiasten aus dem Gesundheitswesen zusammenbringen, um die neuesten Entwicklungen in Bereich der Wundversorgung zu erkunden, und verspricht damit eine einzigartige Gelegenheit, sich über wegweisende Ansätze und Innovationen zu informieren. Fachvorträge in drei Kinosälen, einige begleitende Workshops und eine große Industrieausstellung bieten die Möglichkeit, sich einen abwechslungsreichen und lehrreichen Tag zusammenzustellen. Das Ziel der Organisatoren ist es, die Teilnehmer über die neuesten Entwicklungen in der Wundversorgung zu informieren, damit sie dieses Wissen in ihrer täglichen Praxis anwenden können, um die Ergebnisse und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Als Special Guest wird Dr. Carola Holzner, bekannt als Doc Caro, mit dabei sein und medizinische Themen kompakt, prägnant und fachlich treffend erläutern. Ywww.wundkosmos.de Fünf Jahre war er bei einem Homecare-Unternehmen beschäftigt, seit kurzem ist er bei HARTMANN als Fachberater Care tätig – der gelernte Altenpfleger und ICW-Wundexperte Martin Simon wechselt damit nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch das Fachgebiet. War er bisher im Bereich Wunden tätig, kümmert er sich nun um Inkontinenzmanagement und Hygiene. Damit hat er einen breiten Überblick über die Situation in der Pflege. „In meinem bisherigen Job unterstützten wir primär stationäre Pflegeeinrichtungen beim Wundmanagement. Wir berieten bei der Anamnese und führten Arztgespräche durch und lieferten dann die benötigten Produkte, natürlich auch unter Berücksichtigung der entsprechenden Budgets“, beschreibt er seine Aufgaben. Das war durchaus eine herausfordernde Tätigkeit, wie sich der 35-Jährigs erinnert: „Bei den Ärzten ist die Wunde oft nur ein Randthema HARTMANN Fachberater Martin Simon Teamwork ist gefragt und in der Ausbildung meist auch nur ein kurzer Abschnitt.“ So wundert es seiner Meinung nach nicht, dass oft nicht gemäß der aktuellen Standards gearbeitet wird. Die HKP-Richtlinie sollte hier neue Maßstäbe setzen. „Aber woher die Leute nehmen?“, fragt Martin Simon. Umso wichtiger ist dann das Engagement der Industrie. So führt HARTMANN beispielsweise Produktschulungen sowohl bei den Homecare-Unternehmen als auch bei den Einrichtungen durch und die Fachberater unterstützen die Pflegekräfte auch direkt mit am Patienten. „Es gibt hier jede Menge Schulungsbedarf“, ist Martin Simon überzeugt – und zwar sowohl in seinem alten Fachgebiet Wundbehandlung als auch in seinem neuen Thema Inkontinenzmanagement. „Ich wollte mal ein neues Themengebiet kennenlernen“, erklärt er seinen Umstieg und die neue Position. Die HARTMANN Serviceangebote hat er bereits kennengelernt, wie z. B. das Strukturierte Hautpflege-Konzept, PUSH Hygiene oder das Inkontinenzmanagementsystem HILMAS. „Das nutzen rund 330 Einrichtungen in meinem Gebiet, das grob von Göttingen bis Hamburg reicht“, erzählt der Fachberater. „Jede Hilfe wird dankend von den Pflegekräften angenommen, die ja – noch dazu in Anbetracht einer dünnen Personaldecke – zudem heute viele andere Aufgaben übernehmen müssen,“ berichtet Martin Simon und ist daher von einem überzeugt: „Wir können die Herausforderungen nur im Team lösen und in einer guten Kooperation zwischen Herstellern, Händlern, Ärzten, Pflegekräften, Betroffenen und Angehörigen. HARTMANN ist auf allen Ebenen mit dabei.“ Wenn Hilfe benötigt wird, ist HARTMANN Fachberater Martin Simon bei seinen Kunden vor Ort präsent. 5 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2024 AKTUELL
Im März 2024 erschien die Aktualisierung des Expertenstandards „Kontinenzförderung in der Pflege“, herausgegeben vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege. Die mittlerweile elf Standards des DNQP bilden die Grundlage für die Steuerung des Pflegeprozesses durch professionell Pflegende. Bei den Expertenstandards für den deutschsprachigen Raum handelt es sich um ein Qualitäts-Sicherungs-Instrument, das ein professionell abgestimmtes Leistungsniveau beschreibt. Zur gemeinsamen klinischen Entscheidungsfindung wurden das beste verfügbare wissenschaftliche Wissen, die persönliche klinische Expertise, Wünsche, Vorlieben, Werte der Patienten und die Rahmenbedingungen wie z. B. Gesetze und Ressourcen zusammengeführt. Harn- UND Stuhlkontinenz Erstmalig ist im aktuellen Update neben der Förderung der Harnkontinenz auch die Förderung der Stuhlkontinenz aufgenommen worden. Die notwendige Ergänzung dieses schambesetzten, jedoch pflegerelevanten Themas ist in der Fachöffentlichkeit sehr begrüßt worden. So steht erstmalig eine einheitliche systematische Betrachtung beider Themen zur Verfügung. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Daniela Hayder-Beichel haben Experten aus der Pflegepraxis und -wissenschaft diesen Standard gemeinsam erarbeitet. Bei der Erstellung wurde deutlich, dass es im Vergleich zur HarnExpertenstandard Kontinenzförderung Kompetenzen verbessern Eine Basis für die Qualitätssicherung zu sein und einen Wissenstransfer von der Theorie in die tägliche Pflegepraxis zu ermöglichen, ist das erklärte Ziel der Expertenstandards des DNQP. Der Standard zur Kontinenzförderung wurde jetzt aktualisiert. inkontinenz bei der Stuhlinkontinenz weniger publiziertes und verfügbares Wissen gibt. Daher hat das Wissen für diesen Bereich und die pflegerische Erfahrung der Mitglieder der Expertenarbeitsgruppe eine besondere Bedeutung. Inhalte und Aufbau des Standards Der Standard besteht aus der Präambel, dem Standardtext mit Zielsetzung, der Begründung, der Kommentierung der Standardkriterien, der Literaturstudie, dem Glossar und dem Auditinstrument. Der Standardtext enthält die einzelnen Kriterien. Diese sind in fünf Ebenen (siehe Infobox rechts) gegliedert und jeweils in Struktur-, Prozess- und Ergebniskriterien unterteilt. Beschrieben werden die erforderlichen Kompetenzen der Pflegefachkräfte und des Managements sowie die geforderten strukturellen Voraussetzungen für die Einrichtung, welche Hilfsmittel benötigt werden und wie die passende Ausstattung auszusehen hat. Aus der Strukturebene ergeben sich dann die pflegerischen Aufgaben und Verfahren. Sie beschreiben, was und wie genau etwas geschehen soll. Zudem ist das konkrete Ziel beschrieben und welche qualitativen Anforderungen an das Ergebnis gestellt werden. Damit ergeben sich Kriterien zur Erfolgskontrolle. Neben den beschriebenen pflegerischen Leistungsfeldern kommt der jeweiligen Einrichtung eine besondere Bedeutung zu. Die ImplemenDie Autoren: Frank Schümmelfeder, Medical Marketing Manager, und Anja Citrich, Fachliche Leitung Fachberatung Pflege und Hygiene, PAUL HARTMANN AG Der Expertenstandard kann beim DNQP direkt bestellt werden: https://www.dnqp. de/bestellformular/ AKTUELL 6 HARTMANN PFLEGEDIENST 1/ 2024
tierung erfordert die Konkretisierung in Hinblick auf die spezifische Situation in der Einrichtung. Der Standard richtet sich somit in erster Linie an die jeweilige Einrichtung und erst im zweiten Schritt an die einzelnen Pflegefachkräfte. Stärkung des Selbstständigkeit Ziel des Standards ist es, jedem Menschen mit einem pflegerischen Unterstützungsbedarf die Erhaltung oder Förderung der Kontinenz zu gewährleisten. Eine identifizierte Harn- und/ oder Stuhlinkontinenz wird beseitigt, weitgehend reduziert bzw. kompensiert. Dabei wird die Stärkung der Selbstmanagementkompetenz und größtmögliche Selbstständigkeit angestrebt. Dies erfolgt in drei Stufen: ½ An erster Stelle stehen fördernde Maßnahmen zur Vorbeugung, ½ dann können sich kompensierende Maßnahmen zur Beseitigung, Verringerung oder Kompensation anschließen und ½ falls nötig, kommt es zum Einsatz von Hilfsmitteln. Dabei wird die individuelle Belastungsebene des einzelnen Betroffenen berücksichtigt. Die jeweilige Pflegefachkraft verantwortet den pflegerischen Prozess, ggf. unter Hinzuziehung einer erweiterten Expertise, wie z. B. eines Kontinenzberaters. Patienten und pflegende Angehörige werden in den gesamten Prozess mit eingezogen. Wie geht es weiter? Derzeit wird das Instrument in 22 Projekten auf „Praxistauglichkeit“ getestet. Die Ergebnisse werden am 14. Februar 2025 im Rahmen eines Netzwerkworkshops der Fachöffentlichkeit präsentiert, die Ergebnisse fließen dann ggf. in den Standard ein. Für die Zukunft bedarf es einer Stärkung der pflegerischen Aufgaben, auch im Hinblick auf die Beratung von individuellen Hilfsmitteln und der Vergütung der Beratungsleistung. Den Kostenträgern kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Derzeit existiert keine einheitliche Studienlage zum Thema Förderung der Kontinenz. Die bisherigen zur Verfügung stehenden Studien sind eher „medizindominiert“. Insbesondere bei der Stuhlinkontinenz besteht weiterer Forschungsbedarf. Um die professionelle Pflege weiter zu stärken, muss der große Forschungsbedarf durch Aktivitäten der Pflegewissenschaft ergänzt werden. Ohne „Advanced Practice Nurse“ mit ihrem evidenzbasierten Wissen werden wir den Herausforderungen der Zukunft nicht gewachsen sein. Hierzu gehört auch, dass Case Studies und Best-Practice-Beispiele selbstverständlicher etabliert werden. Der hohe pflegerische Forschungsbedarf zu evidenzbasierten Maßnahmen in der Pflege bleibt weiterhin bestehen und stellt bei immer knapper werdenden Ressourcen eine Herausforderung dar. Ohne verstärkte gemeinsame Anstrengungen aller Professionen zur interdisziplinären Zusammenarbeit wird keine Weiterentwicklung möglich sein. Die Übernahme der Verantwortung und eine aktive Unterstützung durch das Management ist dabei unabdingbar, um klinische Endpunkte für die Betroffenen und in der Versorgungspraxis effektiv und nachhaltig zu verbessern. Die fünf Ebenen des Expertenstandards Ebene 1: Anamnese und Assessment Sie beschreibt die Kompetenzen der Pflegefachkraft zur Identifikation von Risiken und Anzeichen einer Inkontinenz. Die Ersteinschätzung dient dazu, mögliche Anzeichen zu identifizieren. Besteht ein Risiko erfolgt eine vertiefte Einschätzung und der Unterstützungsbedarf muss eingeschätzt werden. Hierzu dienen Fragen nach ungewolltem Harn- und Stuhlverlust, bereits angewendeten Kompensationsstrategien und Fragen nach Veränderungen der Haut. Im Ergebnis liegt bei Problemen eine vertiefte Einschätzung der individuellem Kontinenz-Situation vor. Ebene 2: Planung pflegebezogener Maßnahmen Die zweite Ebene legt die erforderlichen Kompetenzen zur Steuerung und individuellen Planung der Maßnahmen fest. Im Ergebnis liegt ein Maßnahmenplan zum Erhalt oder Erreichung des angestrebten Kontinenz-Profils vor. Als allgemeine Maßnahmen gelten z. B. Steuerung der Flüssigkeitszufuhr, Erhaltung der Selbstständigkeit, Umgebungsanpassung, Toilettenassistenz, Verbesserung der Grund- oder Begleiterkrankungen, Einsatz von Hilfsmitteln und Hautpflege. Zu den Maßnahmen zum Erhalt der Harnkontinenz zählen: Empfehlungen zur Koffeinzufuhr, Raucherentwöhnung, Gewichtsreduktion, Beckenbodentraining, Biofeedback und Elektrostimulation, Blasen- und Toilettentraining. Zu Maßnahmen, um die Stuhlkontinenz positiv zu beeinflussen, gehören: Beckenbodentraining, Elektrostimulation, Optimierung der Stuhlkonsistenz, Darmentleerungstraining, gezielte / geplante Entleerung oder transanale Irrrigation (TAI). Ebene 3: Beratung, Schulung, Anleitung Sie beschreibt die notwendigen Kompetenzen und die Durchführung von edukativen Maßnahmen zur Information, Schulung und Beratung. Die Betroffenen werden zu individuellen Maßnahmen geschult und kennen die geeigneten Hilfsmittel. Dem adäquaten Einsatz von Hilfsmitteln kommt eine besondere Bedeutung zu. Betroffene müssen in deren fachgerechten Anwendung geschult werden. Exemplarisch ist hier das Strukturierte Hautpflege-Konzept von HARTMANN zu erwähnen. Ebene 4: Koordination und Umsetzung Die Koordination der Umsetzung der individuell geplanten Maßnahmen erfolgt in einem interprofessionellen Team. Die Dokumentation ist transparent und für alle Beteiligten nachvollziehbar. Diese ist wiederum die Grundlage für die Bewertung der Effektivität des pflegerischen Handelns. Der Expertenstandard empfiehlt eine diskrete und sichere Versorgung mit qualitativ hochwertigen Produkten. Ebene 5: Evaluation der Versorgung Die Maßnahmen werden in individuell festzulegenden Abständen gemeinsam mit den Betroffenen und ihren Angehörigen sowie den beteiligten Berufsgruppen überprüft und ggf. werden Anpassungen vorgenommen. Das individuell höchstmögliche Maß an Kontinenz mit größtmöglicher Selbstständigkeit ist sichergestellt und das angestrebte Kontinenz-Profil ist erreicht bzw. das bisherige erhalten. 7 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2024 AKTUELL
PFLEGE PLUS in Stuttgart Erfolgreicher Treff im Süden Mit über 6 200 Besuchern war die PFLEGE PLUS, die vom 14. bis 16. Mai in Stuttgart stattfand, einmal mehr die wichtigste Pflege-Messe im süddeutschen Raum und hat sich als Plattform für fachlichen Austausch, Innovationen und Zukunftsperspektiven bewährt. Diskutiert wurden hochaktuelle Themen wie Personalbemessung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder Palliative Pflege. Echter Publikumsmagnet war der DBfK JungePflege-Kongress e 1 mit knapp 1 000 Auszubildenden, Studierenden und jungen Menschen, die schon aktiv in der Pflege arbeiten. Natürlich war auch HARTMANN in Stuttgart vertreten. Schwerpunkte des auffälligen Messestandes e 2 waren das Strukturierte Hautpflege-Konzept von HARTMANN, die neue Generation der silikonisierten Wundauflage Zetuvit Plus Silicone Border sowie die neuen, nachhaltigen Flächendesinfektionstücher Bacillol 30 sensitive Green Tissues. Viele Besucher – vom Berufseinsteiger bis zur langjährigen Fachkraft – nutzten die Gelegenheit, sich über die Angebote von HARTMANN zu informieren und direkt mit den anwesenden Kundenberatern in den Dialog zu treten. Die perfekte Ergänzung war der Fachvortrag von Frank Schümmelfeder MScN, Senior Medical Marketing Manager bei HARTMANN, bei dem es um den neuen Expertenstandard „Erhaltung und Förderung der Hautintegrität in der Pflege“ ging e 3 und wie HARTMANN mit seinem Strukturierten Hautpflege-Konzept bei einer problemlosen Implementierung des Standards hilft. Yplhn.de/pdpp24 Deutscher Wundkongress in Bremen Gelungene Kombination 168 Sitzungen, Workshops und Diskussionen, 117 Aussteller und 4 628 Pflegende, Ärzte, Wundexperten und Mitarbeitende aus der Gesundheitsbranche und der Forschung – das war der Deutsche Wundkongress vom 15. bis 17. Mai 2024 in Bremen, der damit einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und zukünftige Entwicklungen in der Pflege und Wundtherapie gab und gesundheitspolitische Themen wie den Fachkräftemangel oder die Auswirkungen des Klimawandels auf die Pflege diskutierte e 1. Fester Programmbestandteil ist seit Jahren ebenfalls die Verleihung des Deutschen Wundpreises in unterschiedlichen Kategorien. Die Preisgelder werden von der Initiative Chronische Wunden (ICW) e.V. gestiftet. Auf dem HARTMANN Stand e 2 konnten die Besucher die Anwendung von Zetuvit Plus Silicone Border und HydroClean im Rahmen des Konzepts des Wund-Balance-Kontinuums kennenlernen und in Live-Demos mehr über die Kompressionstherapie mit PütterPro 2 und PütterPro 2 Lite sowie die medizinischen adaptiven Kompressionssysteme von HARTMANN erfahren. Ebenfalls auf dem Programm stand das HARTMANN Symposium „Das Wund-Balance-Kontinuum. Ein neues Konzept für die Wundversorgung“, das mit PD Dr. med. habil. Cornelia Erfurt-Berge, Hautklinik Uniklinikum Erlangen, John Schäfer, Universitätskrankenhaus Eppendorf, und Prof. Dr. med. Hans Smola, Uniklinik Köln und Medizinischer Leiter der PAUL HARTMANN AG, hochkarätig besetzt war e 3. Yplhn.de/pddw24 1 1 2 2 3 3 AKTUELL 8 HARTMANN PFLEGEDIENST 1/ 2024
Um uns am Leben zu erhalten und uns Leistung zu ermöglichen, benötigt der Körper für die ständig ablaufenden Stoffwechselprozesse jede Menge Energie zum Beispiel durch Kohlenhydrate, die verschiedensten Bausteine wie Eiweiße und Fettsäuren für den Aufbau von Körpersubstanzen, spezielle Wirkstoffe wie beispielsweise Hormone und Enzyme, Vitamine und Mineralstoffe als „Gehilfen“ für die Stoffwechselprozesse. Dabei ist für die Entwicklung und Gesunderhaltung des Menschen von entscheidender Bedeutung, dass er nicht nur ausreichend Nahrung zu sich nimmt, sondern dass diese in ausgewogener Zusammensetzung alle essenziellen Nahrungsbestandteile enthält. Das Gebot der ausgewogenen Ernährung gilt für alle Altersstufen und ist vor allem im Alter eine gute Absicherung, fit zu bleiben. Die Wirklichkeit der Essgewohnheiten aber sieht oft anders aus. Zu viel, zu fett, zu süß, zu salzig – so beurteilt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) die Kost der Deutschen, und auch der Anteil an Genussgiften wie Alkohol und Nikotin ist viel zu hoch. Statt aus ballaststoffreicher Kost besteht die tägliche Nahrung oft aus „leeren Kalorien“, wie Alkohol und Zucker, die dem Körper nur Energie, aber keine Vitamine, Mineralien oder wichtige Nährstoffe liefern. Ursache vieler Erkrankungen Leider sind nun Überernährung und falsche Ernährung keine Bagatellen, sondern Ursachen für viele Erkrankungen. Zu ernährungsabhängigen Krankheiten zählen beispielsweise Gebissverfall und Karies, Abnutzungserscheinungen am Skelett durch Übergewicht, Stoffwechselerkrankungen wie Fettsucht, Diabetes mellitus und Gicht, Erkrankungen von Leber, Pankreas, Dick- und Dünndarm oder Gefäßerkrankungen wie Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall. Speziell ist natürlich die Ernährungssituation bei Seniorinnen und Senioren zu betrachten: Hier ist einerseits die allgemeine Überernährung WISSEN 9 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2024 Ernährung im Alter Risiko Malnutrition Wo Appetit vorhanden ist, wird es nicht gefährlich. Erst bei Appetitverlust wächst das Risiko der Malnutrition. Dann ist es ärztliche und pflegerische Aufgabe, dem Mangel an Appetit auf den Grund zu gehen. Denn kommt es durch Appetitlosigkeit zu Malnutrition, kann diese sogar lebensbedrohliche Folgen haben.
bis hin zur Adipositas mit im Spiel, andererseits findet man zunehmend umwelt- und / oder krankheitsbedingte Malnutrition – auch als Mangel- oder Fehlernährung bezeichnet, die in bedrohliche Unterernährung übergehen kann. Weil Pflegende immer häufiger mit dieser Situation konfrontiert sind, werden nachfolgend Basics zu wichtigen Ernährungsbestandteilen im Alter sowie zum Problem der Malnutrition zusammengefasst. Eiweißbedarf im Alter erhöht Eiweiße oder Proteine sind die Bausteine für unsere Zellen. Sie bestehen aus Aminosäuren, die unser Körper zum Aufbau bzw. zur Erneuerung der eigenen, organspezifischen Proteine benötigt. Es gibt 20 verschiedene Aminosäuren. Acht davon sind sog. proteinogene Aminosäuren, die von Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag benötigen, sollte die tägliche Proteinzufuhr im Alter laut Experten 1,0 bis 1,2 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht und Tag betragen. Bei einem normalgewichtigen Senior mit ca. 70 Kilogramm Körpergewicht würde das beispielsweise 70 bis 84 Gramm Protein am Tag entsprechen. Besteht eine Stresssituation für den Körper, beispielsweise durch eine chronische Wunde, Fieber, oder infektiöse Krankheiten, sollte die Proteinzufuhr auf bis zu 2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag angehoben werden. Fettsäuren sind unentbehrlich Fette oder Lipide liefern hochkonzentriert Energie – ein Gramm Fett liefert 9 kcal –, dienen als Energiespeicher, Die essenziellen Bestandteile unserer Nahrung Mineralstoffe Für Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium, Eisen, Kupfer, Zink oder Natrium, die vielfach auch als Spurenelemente bezeichnet werden, gilt Ähnliches wie für die Vitamine: Sie werden wirklich nur in „Spuren“ benötigt, aber fehlen sie, können viele Stoffwechselvorgänge nicht ordnungsgemäß ablaufen. Vitamine Obwohl der Körper täglich nur geringe Mengen davon benötigt, kann das Fehlen von Vitaminen zu erheblichen Funktionsstörungen führen. Denn sie helfen beim Ablauf einer Vielzahl von Stoffwechselvorgängen, sei es beim Aufbau oder dem Schutz von Zellen, bei Transportaufgaben oder der nervalen Steuerung. Wasser Wasser ist für Leben in jeder Form unabdingbar, weil es das Medium darstellt, in dem alle Stoffwechselvorgänge ablaufen. Damit diese auch reibungslos ablaufen können, darf die im Körper vorhandene Wassermenge nur geringfügig schwanken, weshalb hauptsächlich über die Nieren ausgeschiedenes Wasser durch Trinken zu ersetzen ist. Kohlenhydrate Als „Brennstoff der Zelle“ sind sie unsere wichtigste Energiequelle. Chemisch stellen sie zusammengesetzte Zucker dar, die nach der Länge ihrer Moleküle unterschieden werden: in Einfachzucker (= Glucose wie Traubenzucker), Zweifachzucker (= Haushaltszucker) oder Mehrfachzucker (= pflanzliche Stärke wie Reis, Getreide, Kartoffeln). Eiweiß Eiweiße, auch Proteine genannt, bestehen aus verschiedenen Aminosäuren, die wir zum Aufbau oder zur Erneuerung unserer körpereigenen Proteine benötigen. Von den zwanzig Aminosäuren, die ein Mensch hat, sind acht „essenziell“, d. h. sie können vom Körper nicht selbst zusammengesetzt, sondern müssen zugeführt werden. Fett Fette, auch Lipide genannt, liefern hoch konzentriert Energie, dienen als Energiespeicher, Wärmeisolator, Körperbaustoff und Wasserlieferant und sind Träger der lebenswichtigen fettlöslichen Vitamine A, D, E und K sowie der essenziellen Fettsäuren. Als Nahrungsfette stehen tierische und pflanzliche Fette zur Verfügung. unserem Körper nicht selbst gebildet, sondern über die Nahrung aufgenommen werden müssen. Der unterschiedliche Gehalt an proteinogenen Aminosäuren ist somit auch verantwortlich für den unterschiedlichen Nährwert der Proteine. Tierisches Eiweiß – enthalten in Fleisch, Wurst, Fisch, Eiern, Milch und allen Milchprodukten – verfügt über mehr proteinogene Aminosäuren, hat also eine höhere biologische Wertigkeit und Nährstoffdichte als pflanzliches Eiweiß, wie es zum Beispiel in Hülsenfrüchten, Kartoffeln oder Getreide enthalten ist. Für eine ausgewogene Ernährung wird die Kombination von etwa 1/3 tierischem und 2/3 pflanzlichem Eiweiß vorgeschlagen, wobei solche Empfehlungen heute hinterfragt werden. Während jüngere Menschen etwa 0,8 WISSEN 10 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2024
Wärmeisolator, Körperbaustoff und Wasserlieferant und sind nicht zuletzt Träger der lebenswichtigen fettlöslichen Vitamine A, D, E und K sowie der essenziellen Fettsäuren. Die hauptsächlich Energie liefernden und auch für den Aufbau der Zellmembran wichtigen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren synthetisiert der Körper, zum Beispiel aus Kohlenhydraten, selbst. Einige mehrfach ungesättigte Fettsäuren kann der Organismus jedoch nicht selbst herstellen. Sie müssen deshalb über die Nahrung zugeführt werden. Dazu gehören u. a. die Omega-3-Fettsäuren und die essenziellen Fettsäuren wie Linolsäure, Linolensäure und Arachidonsäure. Letztere bilden die Vorstufe zur Synthese verschiedener Substanzen, die sich als hochaktive „Gewebshormone“ mit Wirkung auf Gefäßtonus, Immunsystem, Steuerung der Körpertemperatur und Infektabwehr darstellen. Der Richtwert der Fettzufuhr mit der Nahrung liegt aktuellen Empfehlungen der DGE entsprechend bei 30 Prozent der Gesamtenergiezufuhr. Kohlenhydrate liefern „Brennstoff“ Hauptenergiequelle für unseren Körper sind die Kohlenhydrate, die vor allem den „Brennstoff“ für unsere Muskel- und Gehirntätigkeit liefern. Kohlenhydrate stellen chemisch gesehen zusammengesetzte Zuckermoleküle, sog. Saccharide dar, die nach der Länge ihrer Molekülketten in Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzucker unterschieden werden. Ein wichtiges Beispiel für langkettige Kohlenhydrate oder Mehrfachzucker ist die pflanzliche Stärke, wie sie in Reis, Getreide, Kartoffeln, Brot oder Nudeln vorkommt. Bei Getreideprodukten empfiehlt die DGE vor allem die Vollkornvarianten, die länger sättigen und mehr Nährstoffe enthalten als Weißmehlprodukte. Allerdings haben gerade ältere Menschen oft Schwierigkeiten beim Kauen und Verdauen von Vollkornprodukten. Wie hoch der tägliche Kalorienbedarf sein sollte, ist abhängig vom Geschlecht und Gewicht, aber auch vom Allgemeinzustand und noch möglichen Aktivitäten. Am sichersten wird er individuell ermittelt. Bei Krankheiten wie der üblichen Multimorbidität des geriatrischen Patienten und gleichzeitig bestehenden chronischen Wunden wie zum Beispiel einem Dekubitus kann der Energiebedarf auf 40 bis 50 kcal pro Kilogramm Körpergewicht steigen. Ein Muss: Vitamine & Mineralstoffe Obwohl der Körper täglich nur geringe und geringste Mengen davon benötigt, kann ihr Fehlen zu erheblichen Funktionsstörungen führen. Denn Vitamine und anorganische Mineralstoffe helfen beim Ablauf einer Vielzahl von Stoffwechselvorgängen, sei es beim Aufbau oder dem Schutz von Zellen, bei Transportaufgaben oder der nervalen Steuerung. Da sie vom Körper nicht selbst oder nur in unzureichender Menge gebildet werden, müssen Vitamine und Mineralstoffe täglich zugeführt werden – am besten durch eine ausgewogene Ernährung aus frischen Zutaten. Werden Vitamine substituiert, sind die vom Hersteller angegebenen Dosen einzuhalten. Alte Menschen trinken zu wenig Ist von den Risiken einer Mangelernährung die Rede, muss auch auf das große Problem mangelnder Flüssigkeitsaufnahme älterer Menschen hingewiesen werden. Es ist fast die Regel, dass das Durstgefühl mit dem Alter nachlässt und dementsprechend wenig getrunken wird. Viele Ältere schränken ihre Trinkmenge auch aus Angst ein, eine bestehende Inkontinenz zu verstärken. Eine negative Flüssigkeitsbilanz aber führt wie ein Nährstoffdefizit unweigerlich zu gesundheitlichen Störungen. ½ Motorische Unruhe und geistige Verwirrtheit bei vorher unauffälligen älteren Menschen können erste Anzeichen eines akuten oder chronischen Wassermangels sein. ½ Es besteht die Gefahr eines orthostatischen Kollaps, von Magen-, Darm- und Nierenstörungen. ½ Auch das Thromboserisiko ist erhöht, weil sich das Blut „eindickt“. ½ Ein harmloseres, wenn auch sehr häufiges und lästiges Problem ist außerdem die Verhärtung des Stuhls, die zur Verstopfung (Obstipation) führt. Was ist eigentlich Mangelernährung? Mangelernährung oder auch Malnutrition bedeutet eine Unterversorgung mit einem oder mehreren der definierten biochemischen Ernährungsgruppen: Kohlenhydrate (Energie), Proteine (Albumin, Transferrin etc.), essenzielle Fettsäuren (Cholesterin, Triglyzeride etc.), Vitamine und Mineralstoffe. Ergibt sich ein Nährstoffdefizit, weil insgesamt zu wenig gegessen wird, spricht man von einer quantitativen Mangelernährung oder auch Unterernährung. Diese ist zumeist mit einer deutlichen Gewichtsabnahme verbunden und deshalb in der Regel schnell zu erkennen. Bei einem Body Mass Index (BMI) von weniger als 18,5 wird von einer Unterernährung ausgegangen, die diagnostisch abzuklären ist. Häufig ist bei älteren Menschen auch das Problem einer mangelnden Flüssigkeitsaufnahme festzustellen. WISSEN 11 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2024
Schwieriger ist es, eine qualitative Mangelernährung zu erkennen, die auch als Fehlernährung bezeichnet wird. Sie besteht in einem Mangel irgendeines Nährstoffes und ist demzufolge viel weniger offensichtlich als ein Gewichtsverlust. Der Betroffene kann dabei nämlich durchaus normalgewichtig sein. Mangelernährung ist ein weitverbreitetes Problem, das oft nicht genügend beachtet wird. Gesicherte Daten zur Häufigkeit von Mangelernährung in Deutschland liegen nicht vor. Aber die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat festgestellt, dass in deutschen Kliniken bis zu 30 % der Patienten und in Pflegeheimen bis zu 25 % der Bewohner mangelernährt sind. Laut statistischem Bundesamt sind 25 % der über 11 Millionen Krankenhauspatienten mangelernährt oder haben ein hohes Risiko für Mangelernährung, was einer Betroffenenzahl von rund 2,8 Millionen entspricht. Wer ist gefährdet? Die Risikogruppe ist groß. Mangelernährung bzw. die Gefahr ihrer Entstehung betrifft besonders betagte und dabei vor allem alleinstehende Menschen, geriatrische Patienten aufgrund der häufig bestehenden Sarkopenie (= nicht beabsichtigter Verlust der Skelettmuskulatur, verbunden mit einer Abnahme an Körperkraft), Patienten mit bösartigen Tumoren, insbesondere solchen, die mit einer Störung der Nahrungsaufnahme einhergehen, und Patienten mit chronischen Infektionen, insbesondere die gestiegenen Lebensmittelpreise offenbar Folgen für die Ernährung der Deutschen. Laut einer Umfrage (Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat) kann es sich jeder Neunte nicht leisten, alle zwei Tage Fleisch, Fisch oder eine vegetarische Alternative zu essen. Zusammengefasst: Die soziale, finanzielle und psychische Situation verschlechtert sich in der Regel mit zunehmendem Alter. Und dieser Umstand stellt wahrscheinlich den Hauptrisikofaktor für Krankheit, Katabolismus und Malnutrition im Alter dar. Folgen der Mangelernährung Eine Mangelernährung, die immer ein Defizit an Eiweiß und die Unterversorgung mit lebenswichtigen Vitaminen und Mineralstoffen bedeutet, kann schwere Störungen zur Folge haben: ½ Vorrangig wird das Immunsystem geschwächt, was den betroffenen Menschen vor allem für Infektionskrankheiten anfälliger macht. ½ Bei akuten Erkrankungen ist mit einer verzögerten Genesung zu rechnen. ½ Die allgemeine Schwäche führt zu einer Muskelschwäche, sodass sich das Risiko für Stürze und Knochenbrüche erhöht. ½ Im Falle von Immobilität und Bettlägerigkeit nimmt die Dekubitusgefährdung deutlich zu, die Wundheilung verschlechtert sich. ½ Allgemein gilt Malnutrition als Störfaktor der Wundheilung, vor allem bei chronischen Wunden. Ausführaber auch Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen wie AlzheimerDemenz oder Morbus Parkinson. Was sind die Ursachen? Die Ursachen für Mangelernährung sind vielfältiger Natur, zum Beispiel ½ Appetitmangel durch ein vermindertes Geschmacksempfinden, ½ nachlassendes Hungergefühl, nicht selten bedingt durch die Einnahme von Medikamenten, ½ Störungen der Kaufunktion durch Probleme mit schlecht sitzenden Gebissprothesen, ½ Schluckbeschwerden, ½ Verdauungsprobleme, die die Ausnutzung der Nährstoffe aus den Lebensmitteln verschlechtern. Aber auch psychische Probleme können Ursache sein. Heimbewohner, die beispielsweise aufgrund von Schluckbeschwerden Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme haben, können das Essen in der Gemeinschaft als unangenehm und beschämend empfinden. Bei zu Hause lebenden Senioren spielt eine eingeschränkte Mobilität, die sowohl die Beschaffung von Lebensmitteln als auch die Zubereitung der Mahlzeiten erschwert, eine große Rolle. Hinzu kommen oft Einsamkeit und das Gefühl, dass es sich gar nicht mehr lohnt, für sich alleine zu kochen. Und nicht zuletzt kann ein geringes Einkommen dazu führen, dass am Essen gespart werden muss. Wie jüngst durch die Presse ging, haben Wichtiges zur Mangelernährung Steigert das Risiko für ½ Depression ½ Pseudodemenz ½ Delirium ½ Pneumonie ½ Stürze ½ Frakturen ½ Kontrakturen ½ Dekubitus ½ Unselbstständigkeit ½ Verwahrlosung ½ Krankenhauseinweisung Wie erkennt man sie? Sieben Schlüsselfragen zur einfachen, aber wirkungsvollen Erkennung: ½ Ist ein ungewollter Gewichtsverlust festzustellen? ½ Wird das Essen oft nicht aufgegessen? ½ Wird weniger als 1,5 Liter Flüssigkeit am Tag getrunken? ½ Kommt es häufig zu Durchfall (mehr als 3 x pro Woche)? ½ Liegen Wundheilungsstörungen oder ein Dekubitus vor? ½ Fallen Kauen und Schlucken schwer? ½ Liegt der Body Mass Index unter 20? Der Kreislauf der Mangelernährung Appetitlosigkeit Krankheiten Schwächung der Immunabwehr Höhere Infektionsanfälligkeit Bedarf an Nährstoffen/ Flüssigkeit wird nicht gedeckt Untergewicht Mangelernährung WISSEN 12 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2024
liche Infos zu „Katabolismus und Malnutrition als Störfaktoren der Wundheilung“ siehe Seiten 14 / 15. ½ Gefährlich wird es vor allem, wenn eine Operation ansteht: Die verminderte Immunabwehr begünstigt septische Komplikationen, es kann zum Multiorganversagen kommen, Krankenhausverweildauer und Letalität steigen. Malnutrition frühzeitig erkennen Malnutrition ist ein schleichender Prozess mit Symptomen, die oft als „Altersschwäche“ abgetan werden. Diese Sichtweise verhindert nicht selten die Früherkennung der Malnutrition, was für den Betroffenen – neben Wundheilungsstörungen – viele weitere riskante Folgen haben kann. Es gibt jedoch ein eindeutiges, frühes Alarmsignal, das auf den Beginn einer katabolen Stoffwechsellage hindeutet: Es ist das Kardinalsymptom „Appetitverlust“ mit einer neu aufgetretenen „Abneigung gegen Fleisch“. Dieses Kardinalsymptom findet man bei genauer Beobachtung konstant und hochspezifisch bei Patienten mit Malnutrition. Wer im Alter über einen seit Wochen bestehenden schlechten Appetit und über eine Abneigung gegen Fleisch berichtet, stürzt in die Malnutrition ab. Bei jedem Arztbesuch oder bei der täglichen Pflegeaktivität im Altenheim sollte deshalb routinemäßig nach dem Appetitverhalten gefragt und gefahndet werden. Nur so kann eine drohende Malnutrition rechtzeitig erkannt werden. Als typisches Spätsymptom treten wenige Wochen nach Beginn von Appetitverlust und Fleischabneigung eine resistente, auch nach Schlaf und Erholung weiter bestehende Müdigkeit und eine allgemeine Schwäche auf. In diesem Stadium liegen die Albuminwerte bereits unterhalb von 30 g/l. Dazu kommen eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Apathie sowie eine Schwäche der Beinmuskulatur, aber erst nach Wochen eine merkliche Gewichtsabnahme. Ein Fehler wäre es, bei diesen unterernährten Patienten dann primär eine „Altersschwäche“ zu diagnostizieren. Hilfreich beim Ernährungsscreening ist auch die Ermittlung des Body Mass Index (BMI). Gemäß DGE gilt eine Seniorin / ein Senior (ab 65 Jahre) ab einem BMI von unter 20 als mangelernährt. Ein weiteres Screening Instrument ist das „Mini Nutritional Assessment“. Das MNA identifiziert nicht Risikofaktoren für Mangelernährung, sondern ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit einer Unterernährung (Infokasten). Mit Einfühlungsvermögen beraten und helfen Der Umgang des älteren Menschen mit seiner Ernährung ist vor allem durch jahrelange Gewohnheiten geprägt, und so ist es sicherlich nicht einfach, ihn gegebenenfalls für eine neuere, gesündere Art der Ernährung zu gewinnen. Hinzu kommt, dass in der täglichen Pflegepraxis oft wenig Zeit bleibt, sich in der erforderlichen Intensität um die richtige Ernährung des zu Betreuenden zu kümmern, um das Risiko einer Mangelernährung zu vermeiden. Für eine wirkungsvolle Beratung und Hilfe bedarf es zunächst der Abklärung, welchen Ernährungsstatus der ältere Mensch aufweist, welche Fähigkeiten noch vorhanden sind, eigenverantwortlich für seine Ernährung zu sorgen, bzw. mit welchen Einschränkungen umzugehen ist. Bei bestimmten Erkrankungen, bei denen die Ernährung Teil der Therapie ist, wie z. B. bei Diabetes mellitus, wird sich auch der Arzt in die Ernährungsberatung einschalten. Besondere Unterstützung und Hilfe benötigen Menschen mit Demenzerkrankungen oder sonstigen Einschränkungen, die ihnen die selbstständige Essensaufnahme unmöglich macht. Hier ist vor allem wichtig, den Kranken nicht zu hetzen und ihn möglichst lange selbst bestimmen zu lassen, was er gerne essen möchte und wie schnell er essen will. Mini Nutritional Assessment Das Mini Nutritional Assessment (MNA) wurde von französischen und amerikanischen Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit der Firma Nestlé entwickelt. Es ist ein Anamnesebogen zur Bestimmung des Ernährungszustandes älterer Menschen, die das 65. Lebensjahr überschritten haben. Das MNA identifiziert nicht Risikofaktoren für Mangelernährung, sondern ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit einer Unterernährung. Dazu ist das MNA in zwei Abschnitte – ein Screening als Vor-Anamnese und ein Assessment als eigentliche Anamnese – eingeteilt, sodass mit wenigen Fragen die Gefahr einer Malnutrition erkannt werden kann. Das MNA ist ein einfach und schnell durchzuführendes Testverfahren und damit auch eine kosteneffektive Methode, um gefährdete Bewohner sicher zu identifizieren. Download unter http:// www.mna-elderly.com/ mna_forms.html Rücksetzen Drucken Speichern WISSEN 13 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2024
Störfaktor Katabolismus Als Katabolismus wird der Abbaustoffwechsel zur bedarfsgerechten Energiegewinnung bezeichnet (siehe Infobox). In einer katabolen Phase werden chemisch komplexe Stoffe wie Proteine mithilfe verschiedenster Zytokine in einfachere Stoffe wie Aminosäuren abgebaut. Zytokine sind sog. Botenstoffe zur Signalübertragung zwischen den Zellen und zur Steuerung biologischer Prozesse. Ein Beispiel dazu: Bei geringer Energieaufnahme durch die Nahrung wechselt der Körper in eine katabole Phase mit dem Ziel, durch Zerstörung/ Abbau der Muskelzellen die für den Körper (lebens-) notwendige Energie bereitzustellen. Ein kataboler Stoffwechsel ist bei alten Menschen häufig anzutreffen, weil im Prinzip jede (Alters-) Krankheit schneller zum Katabolismus führt als bei jüngeren Patienten. Katabolismus im Alter aber verursacht immer Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust, das Risiko der Mangelernährung (Malnutrition) erhöht sich oder die Ernährungssituation verschlechtert sich weiter, wenn bereits eine Mangelernährung besteht. Im Zustand des katabolen Stoffwechsels und der Malnutrition ist dann der Aufbau von Eiweiß (Proteinsynthese) für die Produktion von Hormonen, Enzymen und Wachstumsfaktoren sowie der Aufbau von Gewebszellen (Zellproliferation) in allen Stufen stark vermindert, sodass eine normale Wundheilung kaum stattfinden kann. Bei entsprechenden Grunderkrankungen und individuellen Gegebenheiten beim Patienten können aber auch jüngere Menschen in den Teufelskreis kataboler Stoffwechsel und Mangelernährung geraten. Die Folgen sind wiederum Wundheilungsstörungen, die zur Chronizität der Wunde führen oder bei bereits bestehenden chronischen Wundverhältnissen diese verstärken. Nährstoffspezifische Effekte auf die Wundheilung Jeder Nährstoff übt allein oder in Kombination einen mehr oder weniger starken Einfluss auf die Proteinsynthese und damit auf die Zellproliferation aus. Alle Nährstoffe und Nährstoffbestandteile arbeiten dabei synergetisch zusammen, weshalb es für die Wundheilung so wichtig ist, dass sie auch alle vorhanden sind. Proteine: Werden nicht genügend Proteine und Aminosäuren zugeführt, sistiert die Proteinsynthese und damit die Zellproliferation von Granulationsgewebe, aber auch von weiteren Zellen der Immunabwehr. Ein Proteinmangel beeinträchtigt daher ausnahmslos alle Vorgänge der Wundheilung. Kalorien, Energie: Die chemischen Reaktionen während der Wundheilung sind sehr energieintensiv. Stehen aufgrund von Malnutrition für die Energieproduktion zu wenig Kohlenhydrate zur Verfügung, wird der Stoffwechsel auf katabol umgestellt. Das bedeutet Chronische Wunden im Alter Katabolismus & Malnutrition: ein gefährliches Duo Im Alter verläuft die Kausalkette, die zur Wundheilungsstörung führt, fast immer gleich: Alter in Kombination mit Krankheit verursacht Katabolismus, Katabolismus führt zur Malnutri- tion, Katabolismus in Kombination mit Malnutrition vermindert oder verhindert die Wundheilung. Fakten zum Stoffwechsel Der Stoffwechsel oder Metabolismus steht für die Aufnahme, den Transport und die chemische Umwandlung von Stoffen in einem Organismus sowie die Abgabe von Stoffwechselendprodukten an die Umgebung. Die biochemischen Vorgänge dienen dem Aufbau und Erhalt der Körpersubstanz sowie der Energiegewinnung zur Aufrechterhaltung der Körperfunktionen. ½ Anabolismus ist der Aufbau körpereigener Bestandteile unter Verbrauch von Energie. Eine anabole Stoffwechsellage liegt beispielsweise beim Wachstum vor. ½ Katabolismus ist der Abbau körpereigener Bestandteile zum Zweck des Stoffumbaus oder der Energiegewinnung. Er ist die Reaktion des Körpers auf Belastung und immer mit einer gewissen Zerstörung von Körpersubstanz verbunden. Beide Prozesse laufen während der Lebenszeit eines Organismus fortwährend ab, aber nie gleichzeitig in einer Zelle. PRAXIS 14 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2024
dann, dass hochwertige körpereigene Muskelproteine über den Mechanismus der Glukoneogenese zur Energiegewinnung abgebaut werden. Dies führt schon nach kurzzeitiger Bettruhe (1 bis 2 Wochen) zu hochgradigem Proteinmangel und Muskelschwund von bis zu 500 g pro Tag. Vitamine: In ihrer Eigenschaft als Coenzyme beeinflussen alle Vitamine die Wundheilung positiv und der Mangel nur eines einzigen Vitamins kann die Heilung bereits verzögern. Vitamine des B-Komplexes beteiligen sich z. B. an der Kollagensynthese und stimulieren die Antikörperbildung und Infektabwehr. Antioxidantien wie Vitamin E und Vitamin C fangen die für die Epithelzellen toxischen sogenannten freien Radikale ab. Vitamin A wirkt bei der Kollagensynthese und -vernetzung. Vitamin C ist ebenfalls von Wichtigkeit bei der Synthese von Kollagen, aber auch von Interzellulärsubstanz, Gefäßbasalmembranen, Komplementfaktoren und Gammaglobulinen. Mineralstoffe: Bei den Mineralstoffen sind es vor allem ein Zink- und Eisenmangel, die Störungen verursachen. Zink ist ein zentraler Bestandteil von sog. Metalloenzymen mit bedeutenden biologischen Effekten im Organismus und spielt damit eine entscheidende Rolle bei der Wundheilung. Eisenmangel verursacht eine Anämie und vermindert so den Sauerstofftransport ins Wundgebiet. Ernährungstherapie bei Wundheilungsstörungen Sie hat zum Ziel, eine Umstimmung des Stoffwechsels von katabol auf anabol zu erreichen, was im Großen und Ganzen durch eine qualitativ wie quantitativ adäquate Zufuhr von Nährstoffen auch gelingen kann – insbesondere dann, wenn die primären Ursachen des Katabolismus beim individuellen Patienten identifiziert und behandelt bzw. eliminiert werden. Dies kann z. B. eine antibiotische Therapie von Infektionen, Maßnahmen gegen Vereinsamung, Behandlung der Depression oder einer Herzinsuffizienz bedeuten. Das vorliegende Nährstoffdefizit wird durch eine genaue Diagnose ermittelt, dann müssen Gestaltung und Zugangswege der Ernährung festgelegt werden, wobei grundsätzlich vier Möglichkeiten zur Verfügung stehen: das ausreichend normale Essen, eine Ernährung weitgehend oder teilweise mittels einer vollbilanzierten flüssigen Supplementnahrung in genügender Menge und Kalorienzahl, die Sondenernährung via einer PEG oder die totale parenterale Ernährung. Welche dieser Methoden gewählt wird, hängt vom Zustand und auch vom Wunsch des Patienten ab. Patientenbeispiel Dekubitus Heilungsverlauf bei einer 83-jährigen Patientin mit großem sakralem Dekubitus Kategorie III mit Umstellung von katabolen auf anabolen Stoffwechsel [1] 17. Juli – sakraler Dekubitus mit wenig bis fehlender Heilungstendenz: kein Granulationsgewebe; Ulkusränder unterminiert; keine Reaktion im Ulkusrand. Ernährungsparameter: Albumin 17 g/L; Zink 8.0 mmol/L; Lymphozyten 529/mm3. [2] 24. Juli – Heilungstendenz etwas besser: wenig rotes Granulationsgewebe; keine Epithelaussprossung aus dem Ulkusrand; unterminierter Ulkusrand. Ernährungsparameter: Albumin 20 g/L; Lymphozyten 908/mm3. [3] 25. August – das Ulkus ist kleiner geworden und die Heilungstendenz besser: mehr als 80% der Wundfläche zeigt sauberes, rotes Granulationsgewebe; Ulkusränder nicht mehr unterminiert, sondern abgeflacht; Epitheleinsprossung über die flachen Ulkusränder auf die Ulkusfläche. Ernährungsparameter: Albumin 28 g/L; Lymphozyten 1309/mm3. Der Wechsel von katabol auf anabolen Metabolismus ist eingetreten. Darauf weist das normale CRP hin. IL-1 und IL-6 sind zu diesem Zeitpunkt nicht mehr oder nur wenig erhöht. Bei der jetzt normalisierten Heilungstendenz darf die geplante chirurgische Operation am Ulkus (Rotationslappenplastik) ohne Befürchtung einer postoperativen Wundheilungsstörung durchgeführt werden. Bedarf an Nährstoffen bei Krankheit und Katabolismus im Alter – pro Kilogramm Körpergewicht und pro Tag Bedarf an Nährstoffen pro Tag beim Patientenbeispiel (Körpergewicht: 70 kg) Kalorien 30 bis 40 kcal 2800 kcal Proteine 1,5 g 105 g Fette 1,0 g 70 g Vitamin C 10 mg 700 mg Calcium 15 mg 1000 mg Zink 0,5 mg 35 mg in organischer Form Vitamin B12 Substitution parenteral, Zieldosis 10 mg gesamt oder 0,15 mg pro kg Körpergewicht innerhalb eines Monats; Intervall: alle 3 Tage 1 mg i. m. Polyvitaminpräparat1 hochdosiert 3-mal täglich dosiert2 Flüssigkeit 2000 ml, falls keine Kontraindikationen bestehen 1 2 3 1) Im Katabolismus werden viele Vitamine und Spurenelemente via Urin wegen mangelhafter Speicherfähigkeit des Organismus ausgeschieden. Es sind daher weitere, wegen fehlender Laboruntersuchungen zwar nicht nachgewiesene Defizite zu erwarten. Um diese zu beheben, empfiehlt sich die Verordnung eines Polyvitaminpräparates. 2) Zur Behebung von weiteren Defiziten, welche bei Katabolismus zu erwarten sind, aber aus Kostengründen nicht durch Laboruntersuchungen jeweils nachgewiesen werden. Quelle: Prof. Dr. med. Walter O. Seiler, ehem. leitender Arzt, Kantonsspital Basel PRAXIS 15 HARTMANN PFLEGEDIENST 1 / 2024
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