Sind Status und Rahmenbedingungen der deutschen Apotheken mit dem Europa-Recht vereinbar? Und wie wird sich der Handel mit rezeptpflichtigen Medikamenten durch ausländische Versandapotheken in Zukunft gestalten? Das waren einige der Themen beim HARTMANN Zukunftsforum 2018.
Knapp 20.000 Apotheken gibt es in Deutschland – Tendenz weiter sinkend. Einfluss auf die weitere Entwicklung hat zudem das EuGH-Urteil vom Oktober 2016 zum Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten durch ausländische Versandapotheken, denn diese müssen die Arzneimittelpreisverordnungen nicht beachten. Das war die Ausgangslage der Diskussion zwischen Dr. Klaus Michels, dem Vorsitzenden des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, und dem Chief Pharmaceutical Officer und Chefapotheker der Versandapotheke DocMorris, Professor Dr. Christian Franken, beim HARTMANN Zukunftsforum 2018 in Heidenheim.
Dr. Klaus Michels sieht das bewährte Versorgungssystem in Deutschland akut in Gefahr durch das EuGH-Urteil. „Ich sehe keinen Bedarf für den Versandhandel“, stellte er fest und verwies darauf, dass aktuell lediglich ein Prozent der Arzneimittel über den Versandhandel bestellt werden. Es handle sich also um eine „Rosinenpickerei“, die gleichwohl auf Dauer den örtlichen Apotheken die Existenzgrundlage entziehen könne. Sein Fazit: „Das EuGH-Urteil und der Wegfall der Preisbindungen geht ans Eingemachte. Hier geht es um fairen Wettbewerb, Qualität und Leistung für die Patienten, die Kranken und damit für unsere Kunden“.
Professor Dr. Christian Franken bezeichnete sich dagegen als „ausgesprochenen Europäer“. Er stellt bei den deutschen Apothekern „antieuropäische Tendenzen“ fest und betonte: „Europa ist unsere Zukunft“. Der Patient mache keinen Halt vor europäischen Grenzen. Im Bereich der Apotheken seien grundlegende Veränderungen zu erwarten. „Warum soll der Kunden in allen Bereichen online einkaufen dürfen, nur im Gesundheitsbereich nicht?“, fragte Franken. Auch hier müsse der Patient und Kunde selbstbestimmt und frei agieren können. „Die Verbraucher wollen entscheiden. Der Souverän ist der Patient“. Auch die Digitalisierung im Gesundheits- und Apothekenwesen sei in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Staaten oder den USA noch nicht weit genug fortgeschritten.
Die beiden Vertreter der unterschiedlichen Lager gaben sich am Schluss dennoch versöhnlich. Bereits seit Jahren auf europäischen Ebene laufende Entwicklungen seien wohl nicht mehr aufzuhalten, erklärten Dr. Michels und Professor Dr. Franken übereinstimmend, wobei sich Michels nach wie vor gegen „marktradikale Tendenzen“ aussprach. Franken plädierte für „eine Zusammenarbeit vor Ort“ und das gemeinsame Bestreben, auf eine intensivere Digitalisierung im Apothekenbereich hinzuarbeiten.