Gutes Exsudatmanagement für mehr Lebensqualität

Die Exsudation ist Grundlage der Wundheilung, kann sie aber auch behindern. Vor allem bei chronischen Wunden kann ein Zuviel an Wundexsudat zum Problem werden. Dann ist ein gutes Exsudatmanagement erforderlich, um dem Wundpatienten belastende Beeinträchtigungen zu ersparen.

von der HARTMANN Online-Redaktion

Die Auswirkungen chronischer Wunden auf die Lebensqualität des Patienten sind vielschichtig und umfassen im wesentlichen Schmerz, unangenehme Gerüche, störenden Exsudatfluss, Mobilitätseinschränkungen und Schlafprobleme. Sie können aber auch zu sozialer Isolierung, psychischen Problemen sowie beruflichen und finanziellen Belastungen führen.

Ein qualifiziertes Wundmanagement strebt deshalb immer auch eine Verbesserung der Lebensqualität an. Das Wesen der chronischen Wunde macht es jedoch oft schwierig, all die belastenden Faktoren ursächlich therapeutisch auszuschalten. Eine Verbesserung der Lebensqualität hängt dann zumeist von der Effizienz lokaler Maßnahmen ab. Dies gilt insbesondere für den unkontrollierten Exsudatfluss, der je nach Stärke zu großer Verunsicherung beim Patienten und zu erheblicher Beeinträchtigung der Lebensqualität führen kann. Gleichzeitig kann unkontrollierter Exsudatfluss Wundheilungsstörungen zur Folge haben. Die Exsudatkontrolle ist somit ein wesentlicher Bestandteil des Wundmanagements bei chronischen Wunden, die auch in jeder Wunddokumentation mit aufzuführen ist.

Keine Heilung ohne Exsudat

Als Exsudation (von lat. [ex]sudare = [aus] schwitzen) bezeichnet man in der Medizin den durch Entzündungen bedingten Austritt von Blutbestandteilen aus den Kapillaren in das umliegende Gewebe bzw. auf eine innere oder äußere Oberfläche. Sie setzt im Moment der Verletzung ein, weshalb die erste Phase der Wundheilung als inflammatorische / exsudative Phase bezeichnet wird.

Durch die Entzündungsprozesse im betroffenen Gebiet kommt es zur verstärkten Exsudation von Blutplasma in das Interstitium (Zwischenraum zwischen Geweben oder Zellen), womit die Einwanderung von immunkompetenten Entzündungszellen (Leukozyten, Makrophagen) in das Wundgebiet gefördert wird. Diese haben die Aufgabe, Infektionen abzuwehren und durch Phagozytose Zelltrümmer, Bakterien und Fremdkörper zu entfernen (Reinigungsphase).

Gleichzeitig sorgt das Exsudat für ein feuchtes Wundmilieu und die Verteilung biochemisch wirksamer sog. Mediatorsubstanzen, die für die Zellbildung sowie für den Gefäß- und Gewebeaufbau in der nachfolgenden Granulationsphase wichtig sind.

Exsudat ist also ein bedeutender heilungsfördernder Faktor für die Wundheilung. Heilt die Wunde komplikationslos, reduziert sich die Exsudatmenge entsprechend den Wundheilungsphasen. Sie ist am größten in der Reinigungsphase und nimmt zur Epithelisierung hin ab.

Composing Exsudatfluss
Mittelstarken bis starken Exsudatfluss zeigen meist chronische Wunden und Tumorwunden. Häufig bedarf auch die Wundumgebung einer guten Exsudatkontrolle: venös arterielles Mischulkus durch eine CVI und pAVK [1], exulzeriertes Mammakarzinom [2], Lymphstau mit Hautveränderungen durch einen Tumor [3], Ulcus cruris, verursacht durch ein Basaliom [4].

Exsudat als Problemfaktor

Es sind vor allem chronische Wunden, bei denen Exsudat zum Problemfaktor wird. Dabei ist es nicht immer nur ein Zuviel an Exsudat, das sich störend und belastend auswirkt. Es gibt auch chronische Wunden, die derart ausgetrocknet sind, dass sie kein heilungsförderndes Exsudat mehr bilden können. Durch entsprechende Maßnahmen sind solche Wunden wieder in die exsudative Phase zu überführen, beispielsweise durch ein chirurgisches oder ein physikalisches Débridement mit hydroaktiven Wundauflagen.

Sehr viel häufiger aber dürften in der Praxis chronische Wunden mit starker Exsudation anzutreffen sein. Denn chronische Wunden verharren oftmals in der Entzündungsphase, in der von den Entzündungszellen kontinuierlich Exsudat produziert wird. Exsudatfördernde Entzündungen entstehen aber auch durch Infektionen und Nekrosen, insbesondere bei exulzerierenden Tumorwunden. Häufig wird die Exsudatmenge auch durch das Vorhandensein von Ödemen verstärkt.

Exsudatkontrolle

Die Wundexsudation effizient zu kontrollieren und zu regulieren, ist nicht nur unabdingbar für die Wundheilung, sondern schützt gleichzeitig die Wundumgebung vor Mazeration. Für den Patienten kann dies bedeuten: eine verkürzte Heilungszeit, weniger Schmerzen und weniger Beeinträchtigungen bei seinen Alltagsaktivitäten.

Ursächlich kann dem Problem stark nässender Wunden durch Nekrosenabtragung, Infektionskontrolle und Behandlung von Grunderkrankungen begegnet werden. Hilfreich können auch das Hochlagern der Beine, eine Kompressionstherapie zum Ausschwemmen von Ödemen oder Maßnahmen zur Förderung des Lymphflusses sein.

Im Mittelpunkt aber steht eine adäquate Verbandbehandlung:

  • Die Wundauflage und ggf. der Sekundärverband sind so zu wählen, dass sie die anfallende Exsudatmenge sicher aufnehmen können.
  • Ist der Verband durchnässt und hat das Exsudat durchgeschlagen, ist der Verband durch einen saugfähigeren auszutauschen oder muss häufiger gewechselt werden.
  • Ist das Exsudataufnahmevermögen des Verbandes nicht ausreichend, besteht durch die Feuchtigkeit / Nässe unter dem Verband die Gefahr der Rekontamination der Wunde und der Mazeration der Wundränder.
  • Der abgenommene Verband ist auf Menge, Farbe und Geruch des Exsudats zu überprüfen.
Verbandwechsel am Fuss

Praxistipps für das Exsudatmanagement

Abhängig vom Zustand der Wunde hat das Exsudatmanagement folgende Ziele:

  • Trockene Wunden ohne ausreichende heilungsfördernde Exsudation müssen re­hydriert werden.
  • Herrscht in der Wunde ein gutes ausbalanciertes Feuchtigkeitsniveau mit ausreichender Exsudation, muss dieses durch feuchte Wundbehandlung bzw. entsprechende hydroaktive Wundauflagen gehalten werden.
  • Bei nassen Wunden mit starker Exsudation muss Exsudat durch geeignete Maßnahmen reduziert werden.

Exsudatmenge

Die Menge des Exsudats ist oftmals schwierig einzuschätzen:

  • Bei akuten Wunden ist es normal, dass die Wunde zu Beginn der Reinigungsphase stärker bzw. stark nässt. Lässt die Exsudatmenge nicht nach oder fängt die Wunde erneut an, stark zu nässen, sind dies Hinweise auf Störfaktoren, zum Beispiel auf eine angehende Infektion oder weiter bestehende Traumen wie eine Druckeinwirkung.
  • Bei chronischen Wunden mit der zumeist persistierenden Entzündungs- / Reinigungsphase kann die Exsudatmenge von sehr wenig (nahezu ausgetrocknet) über wenig, mäßig und stark bis hin zu sehr stark nässend reichen. Gelingt es, die Wunde durch eine adäquate kausale und lokale Wundbehandlung in die Granulations- und Epi­thelisierungsphase zu überführen, wird sich auch die Exsudation auf ein physiologisches Maß reduzieren.

Exsudatbeschaffenheit

Die Beschaffenheit des Exsudats kann wichtige Hinweise zur Beurteilung der Wund­situation liefern:

  • Konsistenz: serös bei klarem, dünnflüssigem Plasma, blutig-serös bei Plasma mit wenig Blut, blutig bei einer frischen Blutung und eitrig, zähflüssig (viskös) bei einer Wundinfektion
  • Farbe: klar (farblos) gelblich, rötlich, bräunlich-grünlich, blaugrünlich
  • Geruch: Geruchlos, süßlich, fäkal, jauchig, extrem übel riechend.

Beurteilung der Exsudatbeschaffenheit

  • Ein physiologisches „normales“ Wundexsudat ist klar, transparent, honigfarben bzw. bernsteingelb und von wässriger Konsistenz.
  • Ist das Exsudat beispielsweise zähflüssig, rötlich oder blaugrünlich verfärbt und weist es zudem einen üblen Geruch auf, deutet dies auf eine kritische Kolonisation oder bereits eine Infektion hin.
  • Aus der Farbe und dem Geruch des Exsudats können Erfahrene Rückschlüsse auf die Bakterienart ziehen, die die Infektion ausgelöst hat, zum Beispiel

    - Staphylokokken: rahmig, gelblicher, geruchloser Eiter

    - Streptokokken: dünnflüssiger, gelbgrauer Eiter

    - Pseudomonas: blaugrünlicher, süßlich riechender Eiter

    - Escherichia coli: bräunlicher, fäkulent riechender Eiter