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Ein strategisches Forum für
weltweite Gesundheitsfragen

Seit 2009 findet einmal jährlich der World Health Summit in Berlin statt. Vom 15. bis 17. Oktober trafen sich in der Bundeshauptstadt wieder hochkarätige Gesundheitsexperten zum internationalen Austausch.

von der HARTMANN Online-Redaktion

Der World Health Summit unter der Schirmherrschaft von Angela Merkel, Emmanuel Macron und Jean-Claude Juncker gilt als das wichtigste strategische Forum für weltweite Gesundheitsfragen. Zentrale Themen des World Health Summit 2017 waren im Oktober die Gesundheitspolitik der G7/G20, die Entwicklung neuer Impfstoffe, Digitalisierung und Big Data, Gesundheitssicherheit, urbane Gesundheit sowie Afrika und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Insgesamt 2.000 Teilnehmer aus rund 80 Ländern nahmen daran teil – aus internationaler Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.

Auf der Eröffnungsveranstaltung sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, Globale Gesundheitspolitik sei zu einem Markenzeichen der internationalen Verantwortung Deutschlands geworden: „Dieser internationalen Verantwortung werden wir auch in Zukunft gerecht werden und globale Gesundheitspolitik aktiv mitgestalten. Dabei ist auch eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Politik mit Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Stiftungen und Wirtschaft wichtig.“

Hermann Gröhe
Hermann Gröhe
World Health Summit

Portugals Gesundheitsminister Adalberto Campos Fernandes betonte, dass es dringend notwendig sei, eine gemeinsame Global Health Ausbildung zu schaffen. Die entscheidende Rolle der Wissenschaft für die Gesundheitsversorgung der Menschen weltweit machte World Health Summit Präsident Detlev Ganten deutlich: „Wissenschaft übernimmt Verantwortung für die großen globalen Herausforderungen – von denen Gesundheit die wichtigste für jeden Einzelnen und die Gesellschaft als Ganzes ist.“

Der neue Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, betonte in seiner Video-Botschaft, dass eine gute und sichere Gesundheitsversorgung für die Menschen das Wichtigste sei: „Eine umfassende Gesundheitsversorgung für alle Länder, auch die einkommensschwachen, ist machbar – es ist eine politische Entscheidung und die beste Investition in eine Welt, die sicherer, fairer und gesünder ist.“

Joanne Liu, internationale Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen, die erst am Donnerstag von den Royingha-Flüchtlingslagern in Bangladesch zurückgekehrt war, forderte die anwesenden Politiker und Wirtschaftsvertreter auf, gerade in Zeiten vom Krieg gegen Terror Globale Gesundheit nicht nur als Gesundheitssicherheit zu verstehen. „Hilfe gibt es nur, wenn sich wohlhabende Nationen von einer Krise bedroht fühlen. Ansonsten spielt sie keine Rollen. Solange wir Krisen nur unter dem Sicherheitsaspekt wahrnehmen, geht es mehr um Bedrohung als um die Gesundheit der betroffenen Menschen“, so Liu.

Weitere Redner des Abends waren Nobelpreisträger und Stanford-Professor Roger D. Kornberg, Bayer-CEO Werner Baumann und Christoph Franz, Präsident des Verwaltungsrates von Roche.

Big Data, Gesundheitspolitik und Startups

Wie kann Big Data Weltgesundheit verbessern? Wie kann und muss mit steigenden Datenmengen umgegangen werden? Solche Fragen standen am zweiten Tag im Fokus des World Health Summit. Je mehr Daten ein System bekomme, desto smarter werde es, erklärte zum Beispiel Neil Jordan, Geschäftsführer Health Worldwide bei Microsoft. Wichtig seien in Zukunft vor allem Zusammenarbeit und Datenvernetzung in der Wissenschaft. Bisher beanspruche Datenaufbereitung bis zu 90% der verfügbaren Ressourcen, so David Delaney, Chief Medical Officer von SAP. Das müsse sich dringend ändern.

Ein weiteres zentrales Thema des Morgens war die Gesundheitspolitik der G7 und G20 Staaten, mit Sprechern wie Staatsekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung Georg Schütte, Anna Babette Stier, Stv. Generaldirektorin, European and International Health Policy des Bundesministeriums für Gesundheit, und Dean Jamison von der University of California in San Francisco.

Ideen zur Zukunft der Gesundheitsversorgung präsentierten am Mittag 10 Gesundheitsstartups aus sechs Ländern beim internationalen Startup Wettbewerb des World Health Summit. Ebenso ging es am Nachmittag um Impfmüdigkeit und Gesundheitssicherheit. Zu den Rednern gehörten unter anderem Wolfgang Ischinger, der Vorsitzender Münchener Sicherheitskonferenz, Anja Langenbucher, Europa-Direktorin der Bill & Melinda Gates Foundation, Pfizer-Deutschland-CEO Peter Albiez und WHO-Executive Director Peter Salama.

World Health Summit

Aufgabenstellungen für die Politik, Gesundheit in Krisenregionen, Nachhaltigkeitsziele der UN

Der 9. World Health Summit in Berlin endete mit klaren Handlungsaufforderungen an die internationale Politik. „Der World Health Summit hat so viele Entscheidungsträger aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und von NGOs zusammengebracht, wie noch nie zuvor. Das ist eine gute Basis, auf der wir jetzt alle gemeinsam handeln müssen – über alle Grenzen hinweg“, erklärte Detlev Ganten, Präsident des World Health Summit.

Die M8 Allianz, das akademische Netzwerk des World Health Summit und ein Zusammenschluss aus 25 der wichtigsten akademischen Gesundheitszentren der Welt, forderte am Ende des World Health Summit Politiker und Regierungen auf, mehr für die Weltgesundheit zu tun und zusammenzuarbeiten: „Gesundheit ist eine politische Entscheidung.“

Die zentralen Forderungen:

  • Um eine starke und verlässliche Gesundheitsversorgung weltweit zu garantieren, müssen globale Gesundheitsthemen ein zentrales Thema der nächsten G7/G20 Treffen sein. Darüber hinaus muss alles getan werden, damit die Nachhaltigkeitsziele der UN erreicht werden.
  • Der bestehende internationale Katastrophenschutz reicht nicht aus. Besonders die Sicherheit von Gesundheits- und Hilfskräften in Krisenregionen muss gewährleistet werden.
  • Weltweit leben mehr als drei Milliarden Menschen in Städten – bis 2030 werden es nach UN-Schätzungen bis zu fünf Milliarden sein. Um ihre Gesundheit auch für die nächsten Generationen zu gewährleisten, müssen vor allem die sozialen Einflüsse auf Gesundheit berücksichtigt werden.

Am dritten und letzten Tag des World Health Summit waren die Gesundheitsfolgen von Krieg und Terror eines der zentralen Themen. „Wenn Ärzte und Pflegekräfte angegriffen werden, zahlen die Patienten den Preis“, sagte Christine Beerli, Vizepräsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Tewodros Melesse, Generaldirektor der International Planned Parenthood Federation, rief dazu auf, endlich das Recht von Frauen auf körperliche Unversehrtheit zu gewährleisten. Die Welt ignoriere dieses wichtige Thema: „Sexuelle Gewalt nimmt in Krisenregionen immer zu – besonders in den Camps. Wie können wir ernsthaft glauben, dass diese traumatisierten Menschen wieder nach Hause zurückkehren und sich dort für Frieden einsetzen?“

Ein weiteres Thema waren die Nachhaltigkeitsziele der UN. Darüber diskutierten unter anderem Matshidiso Rebecca Moeti (WHO Regionaldirektorin für Afrika), Elhadj As Sy (Generalsekretär, International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies) und Ilona Kickbusch (Direktorin, Graduate Institute of International and Development Studies).