WundForum 2/2019

Wunde gründlich reinigen Der erste und wichtigste Schritt ist eigentlich ganz einfach nachzuvollziehen: In einem schmierigen, nekrotischen Ulkus mit gequollenem Wundrand und ekzematös veränderten Wundrändern kann sich kein neues Gewebe bilden. Deshalb muss die Wunde gründlich gereinigt werden, bevor überhaupt an eine Abheilung gedacht werden kann. Die Reinigungsphase braucht erfahrungsgemäß viel Geduld und wird umso mehr Zeit in Anspruch nehmen, je länger das Ulkus schon besteht. Da bei älteren Menschen ein chirurgisches Débridement selten infrage kommt, ist eine Wundreinigung durch feuchte Wundbehandlung mithilfe hydroaktiver Wundauflagen die bevorzugte Lösung. Geschädigte Wundränder mitbehandeln Wundränder und umgebende Hautbereiche sind häufig mazeriert oder ekzematös verändert. Das Ekzem kann auf eine Besiedelung der geschädigten Haut mit Bakterien und Pilzen (mikrobielles Ekzem) zurückzuführen sein. Die Behandlung richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Ekzemthera- pie, aber auch geeignete Wundauflagen können zur Schonung der Wundränder beitragen. Granulationsgewebe dosiert feucht halten Ist der Wundgrund sauber und gut konditioniert, wird sich Granulationsgewebe ausbilden – immer vorausgesetzt, dass auch die Rückflussstörung durch eine entsprechende Kompressionstherapie beein- flusst wird. Das Granulationsgewebe reagiert sehr empfind- lich auf alle äußeren Einflüsse und Störungen und ist deshalb so schonend wie möglich zu behan- deln. Eine frisch-rote Granulation muss nicht mehr gereinigt und gespült werden und benötigt weder Salben noch Puder zur angeblichen Granulations- förderung. Sie braucht jetzt nur eine Pflege: ein permanentes Feuchthalten durch geeignete hydro- aktive Wundauflagen und viel Wundruhe. Trocknet die Wunde aus, kommt es durch das Absterben der Zellen erneut zum Untergang von Gewebe. Auch Epithelzellen brauchen Feuchtigkeit Ein gut ausgebildetes Granulationsgewebe, das den Epithelzellen eine feuchte Gleitfläche bietet, ist Vorbedingung für Mitose (Zellteilung) und Migration (Zellwanderung) von Epithelzellen. Deshalb muss der Wundgrund auch in der Epithelisierungsphase dosiert feuchtgehalten werden. Ein Ulkus mit guter Heilungstendenz ist daran zu erkennen, dass vom Ulkusrand aus eine Epithelisierung erfolgt. Zugleich können aber auch über den Ulkusgrund verteilte, sich vergrößernde Epithelinseln bestehen. Durch den oft langen Heilungsverlauf neigen die Wundränder chronischer Ulzera allerdings dazu, sich nach innen einzustülpen. Da dann vom Wundrand aus keine weitere Epithelisierung mehr stattfinden kann, ist ggf. ein Anfrischen der Wundränder mit dem Skalpell oder einer scharfen Schere (durch den Arzt durchgeführt!) angezeigt. Durch Abpolstern Druck auf das Ulkus verstärken Venöse Ulzera sind vor allem in der Knöchelregion lokalisiert, weil dies ein Areal mit ungünstiger venö- ser Hämodynamik ist, d. h. das Blut staut sich hier am meisten. Der Knöchelbereich aber weist Hohl- kehlen (Bisgaard’sche Kulisse) auf, die abgepolstert werden müssen, damit die Kompressionsbinde mit dem richtigen Druck angelegt werden kann. Auch über dem Ulkus selbst sollte ggf. die Kompres­ sionswirkung des Verbandes durch Pelotten, die die Ulkusgrenzen deutlich überlappen, verstärkt werden, um die venöse Hämodynamik und damit die Hei- lungschancen zu verbessern. Behandlung beim Ulcus cruris venosum 7 7 klinische Untersuchung 7 7 apparative Diagnostik 7 7 Differenzialdiagnose (Ulzera nicht venöser Genese) Diagnostik Behandlung Kompressionstherapie invasive Therapie lokale Ulkustherapie 7 7 Kompressionsstrumpf zum Erhalt des Therapieergebnisses 7 7 venengesunde Lebensweise mit möglichst viel Bewegung / Hochlagern der Beine, ggf. Gewichtsabnahme 7 7 ggf. Unterstützung durch Ödemprotektiva / Venentonika 7 7 Dauerverband mit Zinkleimbinden bzw. mit adhäsiven Kurzzugbinden, ggf. mit Mehrlagenverband 7 7 Wechselverband mit Kurzzugbinden 7 7 absolute und relative Kontraindikationen beachten! Nachsorge 7 7 zur Kompensierung der CVI: Sklerosierung, Phlebochirurgie 7 7 zur Ulkussanierung: ggf. paratibiale Fasziotomie bzw. endoskopische Perforansligatur 7 7 falls möglich: chirurgisches Débridement 7 7 physikalische Reinigung durch feuchte Wundbehandlung 7 7 Weiterführung der feuchten Wundbehandlung während des Granulationsaufbaus bis zur Spontanepithelisierung, ggf. Wundverschluss durch Spalthauttransplantation (Mesh- graft) oder Reverdin-Plastik Tabelle nach HARTMANN medical edition „Die phasengerechte Wundbehandlung des Ulcus cruris venosum“ Literatur Dissemond J, Ulcus cruris - Genese, Diag- nostik und Therapie, Bremen, 2007 Nusser, B. Lokale Ulkusbehandlung – feucht und pha- sengerecht ist ge- fragt. HARTMANN WundForum 1/2014 Medizin & Pflege 19 HARTMANN WundForum 2/2019

RkJQdWJsaXNoZXIy NDU5MjM=