WundForum 2/2020
Aufwertung für den Pflegeberuf? Die Digitalisierung wird auch die Pfle- gebranche verändern. Ein Report des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) zeigt auf, wo Ent- lastungen zu erwarten sind – aber auch Herausforderungen. Die Zahl pflegebedürftiger Men- schen in Deutschland soll in 30 Jahren auf rund 4,5 Millionen ansteigen. Im gleichen Maße wird auch der Bedarf an gut ausgebil- deten, motivierten Fachkräften wachsen. Schon heute ist jedoch der Fachkräftemangel spürbar und laut der Friedrich-Ebert-Stiftung werden 2050 eine halbe Million Pflegekräfte fehlen. Ein Weg, diese Herausforderung zu meistern, wird die stärkere Digitalisierung der Pflege sein. Wie sich die Ergänzung mensch- licher Pflege durch Apps, Roboter und smarte Hilfsmittel gestalten könnte, hat das ZQP in seinem Report „Pflege und digitale Tech- nik“ untersucht. Mit entscheidend für den Erfolg digitaler Pflegeunterstützung die automatische Medikamenten- verteilung nur jedem fünften ein Begriff. Mit 28 % noch schwach ausgeprägt ist zudem der Zugang von Pflegekräften zu digitalen Hilfsmitteln. Die Nutzungsbereit- schaft seitens der Pflegekräfte wird dagegen als „überwiegend hoch“ bewertet, der limitierende Faktor sei jedoch die Bereitstel- lung in den Einrichtungen. Ethische Fragen sollen im Fokus bleiben Laptops, Tablet-Computer und Smartphones sind heute auch unter Pflegekräften sehr weit ver- breitet. Zudem müssten aber spe- zifische, auf die Anforderungen des Berufs ausgerichtete, digitale Kompetenzen noch deutlich stärker als bisher in der Aus- und Fortbildung von Pflegekräften berücksichtigt werden. Zwar böten neue Technologien große Chancen, um auch im Falle einer Pflegebedürftigkeit ein stärker selbstbestimmtes Leben zu führen. Weil eine fortschrei- tende Digitalisierung aber auch zu stärker vernetzten Systemen und großen Datenbanken führt, müs- sen auch ethische Fragen wie der Schutz der Privatsphäre und die Achtung der Selbstbestimmung im Fokus bleiben. Für die künftige Entwicklung nennt das ZQP eine klare Vision: Zwar würden die Potenziale für die Digitalisierung der Pflege bislang nur verhalten genutzt. Jedoch könnte der rasante tech- nologische Fortschritt zu deutlich leistungsfähigeren Anwendungen führen. Dies wiederum könnte zusammen mit einer gesteiger- ten Technikkompetenz auch das Berufsbild der Pflege aufwerten. Die Zielrichtung ist eindeutig: „Wir brauchen schnellstmöglich mehr einsatzbereite, pflegefreundliche digitale Technik, die den erheb- lichen ethischen Anforderungen auf dem Gebiet der Datensicher- heit und hinsichtlich der Selbstbe- stimmung entspricht“, sagt ZQP- Vorstandsvorsitzender Ralf Suhr. wird die breite Akzeptanz in der Bevölkerung sein. Laut ZQP befür- worten bis zu 76 % der Befragten den Einsatz technisch ausgereifter Roboter in der Pflege – abhängig vom jeweiligen Einsatzgebiet. Die höchste Zustimmung erhielten dabei Roboter, die Pflegebedürf- tige an die Einnahme von Medika- menten, Speisen oder Getränken erinnern, die wenigsten Befürwor- ter fand die Roboter-Unterstüt- zung beim Toilettengang (51 %). In einer weiteren Analyse wur- den 355 Pflegebeschäftige dazu befragt, wie sie digitale Technik in der Pflege einschätzen. Dabei zeigten sich deutliche Unter- schiede beim Bekanntheitsgrad der Anwendungen: Während Hebehilfen fast allen Befragten (95 %) bekannt waren, war etwa Rollender Helfer „Rollin’ Justin“ sieht zwar aus wie eine Figur aus einem Animations- film, unter seiner blau schimmernden Oberfläche steckt jedoch so viel moderne Technik, dass der humanoide Serviceroboter im ZQP-Report als ein Beispiel für zukunftsträchtige digitale Anwendungen in der Pflege genannt wird. Justin wurde am Institut für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen entwickelt. Ausgestattet mit einer Vielzahl an Sensoren und Kameras, kann der rund 200 Kilogramm schwere Roboter Pflegende und Pflegebedürftige gleichermaßen entlasten. Justin kann beispielsweise Getränke servieren, Gegenstände suchen und bringen oder auf Pflegestationen Material auf- füllen. Damit bleibt den Pflegekräften, heißt es im Report, „mehr Zeit für menschliche Zuwendung und komplexe Tätigkeiten“. Damit die Fähig- keiten des Roboters noch gezielter an die Bedürfnisse der Pflege angepasst werden können, sei ein Testeinsatz in einem Pflegeheim geplant. Den Report „Digitalisierung in der Pflege“ gibt es zum Download unter www.zqp.de/ digitalisierung- pflege/ Aktuell 6 HARTMANN WundForum 2/2020
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