WUNDFORUM 2/2021
Welche Kompression bei welcher Indikation? Entsprechend dem Befund entschei- det und verordnet der behandelnde Arzt, welche Kompressionsmaßnahme angezeigt ist. ½ In der akuten Phase einer CVI mit ausgeprägten Stauungen und Öde- men und / oder einem floriden (blü - henden) Ulcus cruris venosum ist ein Kompressionsverband aus Zink- leimbinden oder ein leitliniengerech- ter phlebologischer Kompressions- verband (PKV) aus Kurzzugbinden wie PütterFlex mit Unterpolsterung und Hautschutz (z. B. Coverflex oder Stülpa) indiziert. ½ Ist das Bein gut entstaut, sind Mehr- komponenten-/-lagensysteme wie PütterPro 2 eine Alternative, die meist über mehrere Tage angelegt bleiben können. ½ Nach der Ulkusabheilung kommen üblicherweise individuell angepasste medizinische Kompressions- strümpfe (MKS) in indikationsge- rechter Kompressionsklasse zur Erhaltungstherapie zur Anwendung. Welche Anlegetechniken gibt es? Ein phlebologischer Kompressionsver- band kann als Wechselverband oder als Dauerverband konzipiert werden. Ein Wechselverband wird täglich neu angelegt und in der Regel nicht über Nacht belassen. Bei Anwendung von Kompressionsbinden mit niedrigem Ruhedruck und bei adäquater Ver- bandtechnik kann ein Wechselverband jedoch auch über Nacht angelegt bleiben. Für einen Wechselverband kommen wiederverwendbare dehn- bare Kompressionsbinden – je nach Indikation mit unterschiedlichem Deh- nungsverhalten – zum Einsatz. Der Dauerverband verbleibt defi- nitionsgemäß über einen längeren Zeitraum, meist über mehrere Tage, auch während der Nacht. Für einen Dauerverband werden primär Materia- lien für den Einmalgebrauch wie z. B. Zinkleimbinden, adhäsive Binden oder Mehrlagensysteme verwendet. Welche Verbandtechnik mit wel- chem Bindenmaterial bei welcher Indikation zur Anwendung kommt, ent- scheidet und verordnet der Arzt. Kompressionstherapie – Schritt für Schritt Ohne Diagnose geht es nicht Wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Ulkusabhei- lung ist die exakte Diagnose durch einen erfahrenen Arzt. Denn wenn auch mindestens 70 % aller Beingeschwüre ihre Ursache in einer CVI haben, müssen gerade bei älteren Patienten andere Ursachen ausgeschlossen werden, um die Therapiesicherheit zu gewährleisten. Handelt es sich z. B. um ein gemischt arteriell-venös oder diabetisch bedingtes Ulkus, darf eine Kompressionsbehand- lung – wenn überhaupt – nur unter bestimmten Vorausset- zungen erfolgen Bei besonders hartnäckigen Ulzera, die sich jeder Therapie widersetzen, ist „rechtzeitig“ eine Probeexzision anzuraten, um eventuelle Krebserkrankungen als Geschwürursache auszuschließen. Eine exakte Diagnose beugt auch dem Fall vor, dass ein Beingeschwür über Monate hinweg mit allen möglichen Präparaten behandelt wird, was nicht nur teuer ist, sondern dem Betroffenen auch schwere Kontaktallergien bescheren kann. Kontraindikationen beachten Vorsicht ist vor allem bei älteren Venen- und Ulkuspatienten mit Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislaufkrankheiten oder Diabetes mellitus geboten. Der Grund hierfür: Die Kompres- sionstherapie wirkt nicht nur auf die Venen, sondern auch auf die Arterien und das umgebende Gewebe. Durch die mitunter erheblichen Ödemausschwemmungen kann es zu Reaktionen im gesamten Kreislauf kommen, die zu Kompli- kationen führen können. In der aktuellen S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie (DGP) werden folgende Kontraindikationen aufgeführt: fortgeschrittene periphere arterielle Verschluss- krankheit, dekompensierte Herzinsuffizienz, septische Phle- bitis und Phlegmasia coerulea dolens. Mit KADI auf der sicheren Seite Ohne Kenntnis der Durchblutungssituation in den arteriellen Unterschenkelgefäßen ist eine Kompressionstherapie nicht zu verantworten. Die Ermittlung des Knöchel-Arm-Druck- Index (KADI) durch die nichtinvasive Maßnahme einer dopplersonografisch optimierten Blutdruckmessung ist deshalb unverzichtbar. Aus den Werten wird (mithilfe eines „KADI-Kompasses“) ein Index ermittelt, der anzeigt, ob eine Kompression gefahrlos durchführbar ist. Mitarbeit des Patienten fördern Um Patienten für die oft lang andauernde Behandlung zu motivieren und das Durchhaltevermögen zu stärken, ist es wichtig, Patienten verständlich (und oft immer wieder) über das Warum und Wie der Kompressionstherapie aufzuklären. Gegebenenfalls sind auch Angehörige im Anlegen des Ver- bandes zu schulen und ist ihnen im Verlauf der Kompres- sionstherapie beratend zur Seite zu stehen. Hautpflege nicht vergessen Die Haut bei Venenleiden – insbesondere um ein florides Ulkus herum – ist häufig geschädigt bzw. ekzematös ver- ändert. Zum Schutz und zur Behandlung dürfen dabei aus- schließlich allergenneutrale Salbengrundlagen und Substan- zen nach Anordnung des Arztes zur Anwendung kommen. Ein Hautschutz durch entsprechende Stülpverbände sollte obligat sein. PRAXIS 15 HARTMANN WUND FORUM 2/2021
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