Rund 50 Gäste folgten der Einladung in die HARTMANN Repräsentanz in der Berliner Friedrichstraße. Gastgeberin und Moderatorin Daniela Piossek, Leiterin des Referats Gesundheitspolitik bei HARTMANN, konnte drei hochkarätige Experten zur Podiumsdiskussion begrüßen und startete mit der Frage nach deren Assoziation zum Motto der Veranstaltung. Die Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90 / Die Grünen) erinnerte daran, dass man vor einer großen gesellschaftlichen Herausforderung stehe, was die Versorgung älterer und kranker Menschen angehe. Und das vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sowie einer schwierigen strukturellen und personellen Lage in der Pflege. Eine hoch qualifizierte, akademische Pflege-Ausbildung könne ein Schlüssel zur Lösung sein, so Schulz-Asche. Christine Vogler, die Präsidentin des Deutschen Pflegerates, forderte jährlich 10.000 Studienplätze, um den Bedarf zu decken. Sie wies darauf hin, dass man unter den momentanen Strukturen zukünftig „eine qualitativ gute Versorgung nicht mehr sichern können“ werde und ergänzte: „Wenn wir kein Pflegepersonal mehr haben, wird es auch keine Spitzenmedizin mehr geben“. Mit den Gesetzen, „die jetzt auf den Markt kommen“ würde man einfach nur genauso weitermachen wie frühere Regierungen. So würde man aber „nichts retten. Im Gegenteil: Es wird an vielen Stellen schwieriger werden“. Parlamentarischer Jahresempfang Qualität & Quantität Am 28. März fand in Berlin der parlamentarische Jahresempfang der PAUL HARTMANN AG statt. Die Experten diskutierten dabei das Thema „Versorgungssicherheit – Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen meistern unter Einbindung der Fachkompetenz der Pflegekräfte“. Entwicklung im Rückschritt Norbert Grote, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (BPA), stellte eine „rückschrittliche Entwicklung“ in der Pflege fest, „und das ist das erste Mal, dass ich das so offen sage“. Deutschland sei immer „wohlstandsmehrend unterwegs“ gewesen, das sei nun erstmals nicht mehr so. Dieser Rückschritt und deren Auswirkungen auf die Langzeitpflege seien von der Politik noch nicht wahrgenommen worden, so Grote. Deutschland habe es bisher trotz seiner schwierigen demografischen Entwicklung immer geschafft, Versorgungssicherheit garantieren zu können. „Berufspolitisch“ – also was die Möglichkeiten einer Aus-und Weiterbildung angehe – sei man jetzt sehr gut aufgestellt, aber „versorgungspolitisch“ agiere man rückschrittlich. Daniela Piossek wies darauf hin, dass das Problem des Fachkräftemangels und fehlender Strukturen auch im Bereich der Wundversorgung bestehe. Es sei ebenso ein Problem, dass gut Norbert Grote, Kordula Schulz-Asche und Christine Vogler waren beim parlamentarischen Abend zu Gast bei HARTMANN. ausgebildetes Fachpersonal, das über jahrzehntelange Berufserfahrung verfüge, in manchen Situationen plötzlich nicht mehr tätig sein dürfe, weil ihm bestimmte Zusatzausbildungen fehlen würde. So stelle sich auch die Frage, wie man die jetzige „Personal“-Lücke schließen könne, resultierend aus einer modernen Ausbildung, die aber erst in einigen Jahren Personal hervorgebracht haben wird einerseits und dem bereits bestehenden akuten Bedarf an Fachkräften andererseits. „Wir sind also darauf angewiesen, die Fachkräfte einzubinden, die bereits jetzt vor Ort sind. Muss eigentlich jede gut ausgebildete Kraft auch wirklich jeden Verbandwechsel machen?“ Viele solcher Tätigkeiten könnten auch delegiert werden, so Piossek. Christine Vogler stimmte ihr zu und betonte die Wichtigkeit einer berufseinheitlichen Aus-, Fort-und Weiterbildung. Unter den herrschenden momentanen Strukturen sei es zudem sehr schwierig, bereits aus dem Ausland angeworbenes Fachpersonal längerfristig in Deutschland zu halten. Man brauche zudem auch die Heilkundeübertragung, denn zukünftig würden „nicht mehr fünf Leute am Patienten arbeiten, sondern nur noch einer“. Norbert Grote konzedierte, dass die Politik manches auch richtig gemacht habe, zum Beispiel stehe jetzt ein Personalbemessungsinstrument zur Verfügung. „Das zeigt uns, welche Bedarfe es qualifikationsorientiert und aufgabenteilig in der Langzeitpflege gibt.“ Allerdings würde durch dieses Instrument auch sehr klar aufgezeigt, dass die erforderlichen Quantitäten – aber auch die Qualitäten – nicht zur Verfügung stehen würden. Wenn man „gute Dinge mache“, müsse man also auch die Folgen mitbedenken, so Grote. 12 HARTMANN WUNDFORUM 1 / 2023 PRAXIS
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