PflegeDienst 1/2019

Gefährdungskaskade im Alter Altern, Krankheiten, ungünstige Lebensgewohnheiten Gehstörungen, Balancestörungen erhöhte Sturzgefahr, vermehrte Stürze Frakturen, Verletzungen, Angst, vermindertes Selbstbewusstsein verminderte Mobilität, verminderte Aktivität, verminderte Lebensqualität, erhöhte und häufigere Pflegebedürftigkeit erhöhte Mortalität Häufig auftretende geriatrische I‘s Insomnie – Schlaflosigkeit: Viele ältere Men- schen leiden unter Schlafstörungen, die sich als Ein- schlaf- oder Durchschlafstörungen äußern können. Als Auslöser von Schlafstörungen kommen viele Ursachen in Betracht, so z. B. Herz-Kreislauf-Erkran- kungen, Schmerzen, Juckreiz, degenerative Hirnpro- zesse oder Depressionen. Da die beste Behandlung der Schlafstörung in der Beseitigung der auslösenden Ursache besteht, ist eine Diagnose erforderlich. Impaired eyes – beeinträchtigtes Sehver- mögen: Verluste in der Sehfähigkeit sind im Alter deshalb so gefährlich, weil sie die Gefahr erhöhen, folgenschwer zu stürzen, was oft eine Pflegebedürf- tigkeit nach sich zieht. Die häufigsten Augenerkran- kungen sind die Katarakt (Grauer Star), die altersab- hängige Makuladegeneration (AMD), das Glaukom (Grüner Star) sowie diabetische Augenerkrankungen (Retinopathie). Impaired ears – beeinträchtigtes Hörvermö- gen: Bei Störungen ist das Hörvermögen auf beiden Ohren vermindert, vor allem hohe Töne werden schlechter gehört. Auch das Sprachverständnis ist herabgesetzt (v. a. bei mehreren Gesprächspart- nern). Ursachen von Störungen sind endogene und exogene Faktoren, die während des ganzen Lebens auf die Ohren eingewirkt haben, z. B. Lärm, falsche Ernährung, arterielle Hypertonie, Diabetes oder Rauchen. Iatrogene Schädigungen: „Iatrogen“ (griech.) bedeutet „vom Arzt erzeugt“ und bezeichnet Gesundheitsschäden, die durch ärztliche Therapie- maßnahmen entstehen. Der Begriff bedeutet aber keine Schuldzuweisung und besagt nichts über die Vermeidbarkeit. Da das Risiko iatrogener Schäden mit dem Alter und der damit verbundenen Multimor- bidität und Multimedikation enorm ansteigt, werden sie immer häufiger als geriatrisches „I“ bezeichnet. Isolation: Wenig Kontakte zu anderen Menschen führen zur sozialen Isolation, die einen erheblichen psychischen Krankheitswert besitzt. Soziale Isolation kann in jedem Lebensalter entstehen, betroffen sind aber vor allem alte, alleinstehende (verwitwete) Men- schen. Vereinsamung ist zudem eng mit Multimorbi- dität im Alter verbunden, weil aufgrund der Erkran- kungen Aktivitäten eingeschränkt werden müssen bzw. oft nicht mehr möglich sind. Impecunity – Armut: Nach Angaben des Gesundheitsnetzes Deutschland sind aktuell drei Mil- lionen Rentner und Rentnerinnen in Deutschland von Altersarmut betroffen, die bei vielen älteren Men- schen durch vorausgegangene Schicksalsschläge aus- gelöst wurde. Altersarmut, die oft den Verzicht auf die Erfüllung einfachster Bedürfnisse bedeutet, kann sich wie soziale Isolation durch ihren psychischen Krankheitswert lebenszeitverkürzend auswirken. Die „vier Giganten der Geriatrie“ Es war Professor Bernard Isaacs (1924 - 1995), einer der Väter der britischen Geriatrie, der den Begriff von den vier „Giganten“ prägte, mit denen „die Geriatrie zu ringen hat“. In seinem 1992 ver- öffentlichten Buch „The Challenge of Geriatric Medi- cine“, das er ursprünglich „The Giants of Geriatrics“ benennen wollte, beschrieb er – nicht ohne Humor – die Gefährdung alter Menschen durch die vier Gigan- ten und zeigte geriatrische Konsequenzen auf. Die vier Giganten bedeuten aber auch für die Pflege eine große Herausforderung, weil Menschen mit diesen Gebrechen intensiver Betreuung bedürfen. Immobilität: Unter Immobilität versteht man eine mehr oder weniger stark eingeschränkte oder aufgehobene Fähigkeit zur Bewegung. Sie wird dem- entsprechend in eine relative und eine komplette Immobilität unterschieden. Eine relative Immobili- tät kann beispielsweise durch sedierende Medika- mente, starke Schmerzzustände, Halbseitenlähmung, Sensibilitätsstörungen unterschiedlichster Ursachen oder Systemerkrankungen des Bewegungsapparates (z. B. Osteoporose, rheumatoide Arthritis) ausgelöst werden. Eine komplette Immobilität tritt zum Beispiel ein bei Bewusstlosigkeit, Narkose oder vollständiger Läh- mung. Bei beiden Formen der Immobilität besteht im Alter ein ausgesprochen hohes Dekubitusrisiko, weil Spontanbewegungen zur Druckentlastung der Haut kaum mehr oder gar nicht mehr möglich sind. Immo- bilität ist oft gepaart mit Instabilität, sodass auch die Sturzgefahr groß ist. Instabilität: Instabilität – von lat. instabilis „ohne festen Stand“ – kann dem geriatrischen Patienten auf vielen Ebenen gefährlich werden. Häufig sind das Muskel- und Skelettsystem sowie die Wirbelsäule davon betroffen. Instabilität kann sich als Folge des normalen Alterungsprozesses und der Abnutzung Quelle: M. Runge/G. Rehfeld, 2001 6 HARTMANN PflegeDienst 1/2019 Schwerpunkt

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