Neue Freiheiten bei der Verordnung

Pflegerin spricht mit Seniorin im Sessel Pflegerin spricht mit Seniorin im Sessel
Seit Juli 2024 gibt es neue Möglichkeiten bei der Verordnung der Wundversorgung zu Hause. Mit der „Blankoverordnung“ kann der Arzt bei ausgewählten Tätigkeiten die Pflegekraft über Dauer und Häufigkeit entscheiden lassen.
Mit dem Inkrafttreten der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege, kurz HKP-Richtlinie, am 6. Dezember 2019 wurden Leistungen im Bereich Wundversorgung bundeseinheitlich neu geregelt. Seitdem können neue Leistungen verordnet und vom Leistungserbringer abgerechnet werden.

Die Richtline wurde am 13.10.2022 erneut angepasst und zum 1. Juli erfolgte die Umsetzung in Hinblick auf mehr Eigenverantwortung der Pflegefachkräfte. Ärzte und Ärztinnen können die Entscheidung über Dauer und Häufigkeit der Maßnahmen bei ausgewählten Leistungen auf der Verordnung an die Pflegefachkraft übertragen.

Mit den Änderungen wurde das seit 2019 verwendete Formular zur Verordnung, bekannt als „Muster 12“, an die neuen Gegebenheiten angepasst. Seit dem 1. Juli 2024 darf NUR noch das neue Formular verwendet werden.

Es enthält einige neue Felder, andere wurden entfernt. Am wichtigsten ist die neue Spalte „Häufigkeit/Dauer von Pflegefachkraft“, in der der Arzt ankreuzen kann, wenn die Pflegefachkraft diese Entscheidungen treffen soll. Entfernt wurde dagegen das Ankreuzfeld „Positionswechsel zur Dekubitusprophylaxe“. Diese Leistung muss zukünftig über einen Eintrag im Feld „Sonstige Maßnahmen der Behandlungspflege“ eingetragen werden. Alle Details zu den Feldern des Formulars werden unten noch im Detail erklärt.

Die Optionen für den Arzt

Bei der Verordnung haben Ärzte grundsätzlich drei Möglichkeiten:

  • Reine „Blankoverordnung“: Möchte der Arzt bei den verordneten Maßnahmen die Pflegefachkraft über Dauer und Häufigkeit entscheiden lassen, kreuzt er die Maßnahme in der neuen Spalte „Häufigkeit/Dauer von Pflegefachkraft“ an. Die Pflegefachkraft trägt dann im Bereich „Häufigkeit und Dauer“ die Angaben ein und informiert den verordnenden Arzt über ihre Festlegungen.
  • Keine „Blankoverordnung“: Wenn der Arzt dagegen alles selbst festlegen möchte, füllt er die übergeordneten Datumsfeldern. Die Pflegefachkraft darf den Bereich „Häufigkeit und Dauer“ in diesem Fall nicht befüllen.
  • Hybrid-Verordnung: Auch eine teilweise Übertragung an die Pflegefachkraft ist möglich. Dann füllt der Arzt das übergeordnete Datumsfeld aus. Diese Angaben beziehen sich auf Maßnahmen, für die Häufigkeit und Dauer ärztlich festgelegt wurden. Kreuzt der Arzt dagegen bei einer oder mehreren Maßnahmen die neue Spalte „Häufigkeit/Dauer von Pflegefachkraft“ an, darf die Pflegefachkraft dann Häufigkeit und Dauer definieren, aber eben NUR für die angekreuzten Maßnahmen.

Die Blankoverordnung ist aktuell nur für 20 definierte Leistungen möglich. Im Zusammenhang mit der Wundbehandlung zählen dazu die Wundversorgung einer akuten Wunde, das Anlegen von Kompressionsstrümpfen oder eines Kompressionsverbandes und der Positionswechsel zur Dekubitusbehandlung.

„Muster 12″ im Detail

Für alle Felder des Formulars ist eines wichtig: Die Situation der Patientin bzw. des Patienten soll möglichst spezifisch und fokussiert in Bezug auf die Wunde dargestellt werden, sodass eindeutig erkennbar und für die Krankenkasse nachvollziehbar ist, warum gerade die dargestellten Maßnahmen erforderlich sind.

Die Erfahrungen zeigen, dass die Kassen großen Wert auf ein vollständiges und gewissenhaftes Ausfüllen legen. Reicht der Platz nicht aus, können zusätzliche notwendige Leistungen und Erklärungen auf einem Zusatzblatt notiert und mit eingereicht werden.

Akut versus chronisch

Eine besondere Bedeutung kommt auf dem Formular der Unterscheidung zwischen „akut“ und „chronisch“ zu. „Akut“ ist auszuwählen, wenn eine Verletzung der Hautoberfläche unterschiedlicher Tiefenausprägung vorliegt, die voraussichtlich innerhalb 12 Wochen komplikationslos verheilt. Dafür gilt Leistungsnummer 31.

Die Angabe „chronisch“ beinhaltet auch schwer heilende Wunden, die voraussichtlich innerhalb von 12 Wochen nicht komplikationslos abheilen. Diese Leistung wird nach Nummer 31a abgerechnet. Dies setzt nicht voraus, dass zuvor Leistungen der Nummer 31 verordnet wurden.

Wichtig ist auch, dass eine Blankoverordnung von Maßnahmen bei chronischen Wunden NICHT zulässig ist.
Muster 12 Blankoverordnung
Alle versorgungsrelevanten Diagnosen werden hier eingetragen. Stellen Sie sicher, dass nicht einfach alle ICD-10-GM-Codes aus der Patientenakte automatisch übernommen werden, sondern nur diejenigen, die klar machen, warum gerade diese Wundversorgung notwendig ist.
Hier wird begründet, warum die Krankenpflege häuslich durchgeführt werden muss. So schließen z. B. Mobilitätsprobleme der Patienten eine Wundbehandlung in der Praxis aus.
An dieser Stelle wird markiert, ob es sich um eine Erst- oder eine Folgeverordnung handelt. Rechts erfolgen dann die entsprechenden Datumsangaben. Die Verordnung muss spätestens am dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt werden. Sowohl für die Erstverordnung als auch die Folgeverordnung ist ein Zeitraum bis zu jeweils vier Wochen möglich. Auch Folgeverordnungen müssen durch die Krankenkasse genehmigt werden und sind innerhalb der letzten vier Arbeitstage vor dem Ende der ablaufenden Verordnung einzureichen. Rückwirkende Verordnungen sind nicht zulässig.
Dieses Feld wird angekreuzt, wenn der Grund für die Verordnung häuslicher Krankenpflege eine anerkannte gesundheitliche Schädigung ist. SER steht dabei für Soziales Entschädigungsrecht gemäß SGB XIV, also z. B. bei Krankheiten und gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit Gewalttaten, Kriegsauswirkungen oder Schutzimpfungen.
Maßnahmen der Kompressionsbehandlung werden im Leistungsverzeichnis der HKP-Richtlinie beschrieben und werden bundeseinheitlich bei einer chronischen Wunde zusätzlich zur Wundbehandlung vergütet.
Dieser Abschnitt ist für die Verordnung besonders wichtig. Die Wundart sollte möglichst detailliert beschrieben sein, sofern dies nicht aus der ICD-Codierung bereits zweifelsfrei hervorgeht. Auch die Felder „Lokalisation“ und „Größe“ sowie bei einem Dekubitus auch die Kategorie unter „Grad“ eintragen, wenn der Grad bekannt ist. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen „akut“ und „chronisch/schwer heilend“ (siehe Infobox oben). Sinnvoll ist oft ein explizierter Hinweis (z. B. in Feld B), wenn die Wunde voraussichtlich nicht in 12 Wochen verheilen wird. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass oben im Formular die richtigen Diagnosen angegeben wurden. Nummer 31a der HKP-Richtlinie sieht für diese Fälle den Einsatz einer spezialisierten Fachkraft vor. Die Patientenedukation ist dabei Teil der Leistung und nicht gesondert abzurechnen.
Hier werden die einzelnen anzuwendenden Präparate und Verbandmaterialien – auch konkrete Markennamen – eingetragen, am besten mit Angaben zu Dauer und Häufigkeit.

In diesem Abschnitt wird die Versorgung einer akuten oder chronischen Wunde verordnet.

Die bisherige Zeile „Positionswechsel zur Dekubitusprophylaxe“ wurde gestrichen. Die Leistung ist aber weiterhin verordnungsfähig und muss von Hand in die Zeilen bei „Sonstige Maßnahmen der Behandlungspflege“ eingetragen werden. Sie ist anzuwenden, wenn keine Person im Haushalt der zu pflegenden Person dazu in der Lage ist, den Positionswechsel durchzuführen. Diese Leistung kann vom Leistungserbringer zusätzlich zur chronischen Wunde abgerechnet werden.

In dieser Spalte setzt der Arzt ein Kreuz, wenn die Pflegefachkraft wie oben beschrieben selbst über Häufigkeit und Dauer entscheiden soll. Die Pflegefachkraft trägt dann in Spalte K die entsprechen Daten ein.
Eine Blankoverordnung ist NUR bei akuten, nicht bei chronischen Wunden zulässig. Daher enthält die Spalte „Häufigkeit/Dauer von Pflegefachkraft“ in dieser Zeile kein Ankreuzfeld.
In diesem Block wird für die vorne markierten Tätigkeiten die Häufigkeit als Zahl eingetragen. Dabei können die drei Spalten auch kombiniert werden. Wird z. B. eine tägliche Maßnahme am Wochenende von Angehörigen durchgeführt, wird „1 x tgl.“ und „5 x wtl.“ eingetragen. Die Angabe der Zeitspanne ist nur notwendig, wenn diese von der unter C angegebenen Verordnungsdauer abweicht.
In diesem Feld werden zusätzliche Maßnahmen der Behandlungspflege gemäß dem Leistungsverzeichnis erfasst. Zugleich bietet das Feld Platz für andere wichtige Informationen, z. B. wenn mehrere Wunden beschrieben werden müssen. Ebenso kann ein zusätzliches Blatt als Anlage beigefügt werden.

Verordnen mit Sicherheit