Fachkräftemangel, Kostendruck, „ambulant vor stationär“ – das sind nur einige der Herausforderungen für das Gesundheitswesen. Thomas Bonkowski präsentierte auf dem Deutschen Wundkongress ein Zukunftsszenario für die Wundbehandlung.
Zukunftszenario Wundheilung
Gemeinsam mit Frank Schümmelfeder und Heike von der Kall von HARTMANN stellte Thomas Bonkowski vom Universitätsklinikum Regensburg auf dem Deutschen Wundkongress ein Zukunftsszenario für die Wundbehandlung vor. Es stellt Prävention, Adhärenz und Edukation als wichtigste Elemente in den Fokus, um diesem Wandel zu begegnen.
Wir haben Thomas Bonkowskis Vortrag, den er in freier Rede in Bremen hielt, in unverändertem Originalton mit den drei Grafiken für Sie zusammengestellt.
Sehr geehrte Damen und Herren, in den nächsten Minuten möchte ich mich ganz gerne mit Ihnen über die Umstrukturierung der Wundversorgung unterhalten. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass dies sicherlich auf uns zukommen wird.
Als visuelle Darstellung habe ich Ihnen ein Poster erstellt, das unter dem Titel steht „The Keywords of Wound Healing“. Hier sehen Sie, dass ich die Wundbehandlung in den nächsten Jahren als Zukunftsszenario aufzeigen will, und zwar in Form von drei Schlagwörtern, nämlich den Wörtern Prävention, Adhärenz und Edukation. Das sind nämlich für mich die Optionen, diesem Wandel zu begegnen.
Die aktuelle Situation
Ich beginne mit dem ersten Slide. Sie sehen hier eine bewölkte Szene, der Himmel schaut nicht schön aus, es regnet – und wir schauen an, warum regnet es. Es geht in diesem Fall um veränderte Rahmenbedingungen.
Das heißt, das sind die klassischen Auswirkungen der Demografie, die den Patienten, aber auch das Behandlungsteam betreffen.Der Patient, der demografische Wandel, die Überalterung der Bevölkerung. Beim Behandlungsteam wird es ähnlich sein. Denken Sie nur an das Szenario der Hausärzte, die ja nicht mehr so vor Ort sind und auch da ist ein gewisser Mangel. Das heißt, wir müssen also schon mal umsteigen, wahrscheinlich auf hybride Behandlungsformen, weil ja der Grundsatz von der Politik vorgegeben ist „ambulant vor stationär“. Und dies natürlich noch unter diesen großen Fragezeichen. Wie bewältige ich diesen Personalmangel?
Das hat dann natürlich gewisse Auswirkungen auf den Patienten. Er hat sicherlich weniger häusliche Unterstützung, meine Damen und Herren. Er hat fehlende soziale Netzwerke, natürlich gibt es auch eine gewisse Singularisierung, er hat keine Angehörigen zu Hause, das heißt also schlussendlich, der Patient wird unter Versorgungsengpässen leiden, er wird demzufolge noch eine längere Abheilungsrate seiner chronischen Wunde, zum Beispiel des Ulkus cruris venosum, haben, und er muss wahrscheinlich in Zukunft, wie es aussieht, auch eine stärkere finanzielle Beteiligung leisten.
Und jetzt käme hier das nächste Schlagwort, nämlich das Schlagwort der Altersarmut. Ist denn das zu schaffen? Und das hat auch noch natürlich Auswirkungen auf das Versorgungsteam. Wir haben in Zukunft eine wachsende Bedeutung des therapeutischen Teams, um diesen Patienten in seinem Leid richtig zu versorgen.
Das heißt, wir brauchen auch als Pflegende zum Beispiel höhere kommunikative und kooperative Fähigkeiten, obwohl wir eine steigende Arbeitsbelastung haben – und Sie wissen, wie dann Emotionen vielleicht hochkochen. Wir haben immer weniger Zeit für den individuellen Patienten. Und wir sollen natürlich auch Edukation machen. Schaffen wir denn das in diesem Moment?
Aber wir sind uns nicht bange und das nächste Bild zeigt auf einmal schon einen bewölkten Himmel und jetzt kommen nämlich die drei Keywords.
Prävention – Adhärenz – Edukation
Das eine ist das Thema Prävention, das heißt, der Patient muss in Zukunft Mit-Therapeut seines Handelns sein, seiner Krankheit. Wir müssen Krankheitsbewusstsein schaffen, und zwar müssen wir ganz früh schon in der Jugend anfangen. Wenn ich jetzt zum Beispiel denke, dass die Adipositas eine Epidemie des 21. Jahrhunderts ist, dann muss jetzt schon adäquat damit gearbeitet werden, dass das in 20 oder 30 Jahren nicht zukünftige Patienten werden.
Der Patient muss in Zukunft frühzeitig den Hausarzt aufsuchen, wenn er denn da ist. Er braucht eine zielführende Diagnostik, also wäre es besser der Facharzt, er muss frühzeitige Interventionen bekommen und man braucht natürlich einen Fokus auf die Rezidivvermeidung. Wir wissen, dazu brauche ich natürlich wiederum die Adhärenz des Patienten, früher nannten wir das ganze Compliance oder Non-Compliance.
Nein, wir müssen in Zukunft so arbeiten, dass der Patient Vorlagen bekommt, mit denen er auch arbeiten kann. Und das bedeutet Adhärenz. Das heißt, ich nehme seine Ziele ernst und berücksichtige diese auch. Und schlussendlich gehört dazu eine tolle Edukation, das heißt, wir werden einen Fokus legen auf Schulen, Beraten und Anleiten. Wir werden den Patienten bzw. den Angehörigen bedarfsgerecht ansprechen und mit individuellen Schulungsmaterialien arbeiten. Der eine ist ein visueller Typ, der andere ein praktischer Typ, der andere ist theoretisch veranlagt und so weiter und so fort.
Die Zukunft der Wundbehandlung
Schlussendlich könnte es sein, dass wirklich wieder die Sonne scheint, wenn wir nämlich noch den Hilfsimpuls des Patienten kennenlernen. Das funktioniert mit Hilfe der sogenannten Spiegelneuronen und dem großen Wort der Empathie. Dann kann ich diesen Patienten, wenn ich diesen Hilfsimpuls kenne und weiß, wo es ihn belastet, Licht ins Dunkel bringen. Ich kann ihm einen positiven Ausblick vermitteln.
Und das wäre dann die Zukunft der Wundbehandlung. Der Patient hätte mit einer tollen Edukation die Möglichkeit einer Symptombeherrschung, einer ebenfalls schnelleren Wundabheilung, ein sogenanntes Wellbeing oder das Wohlbefinden und schlussendlich das größte Ziel eines jeden Patienten oder jedes Menschen: die Quality of Life. Die Lebensqualität würde enorm gesteigert. Vielen Dank fürs Zuhören.