Mit der Autolyse verfügt der menschliche Organismus über eine Art körpereigenen Reinigungsmechanismus, der auch bei der Wundreinigung wirksam wird. Insbesondere bei chronischen Wunden ist dieser Mechanismus jedoch häufig überfordert und benötigt externe Unterstützung. Hierzu bewährt sich besonders die feuchte Wundtherapie.
Durch die Prozesse der „Autolyse“ (von griechisch: lysis – (Selbst-) Auflösung) wird zelleigenes Material (abgestorbene Körperzellen) oder zellfremdes Material (z. B. Bakterien) mithilfe lysosomaler Enzyme „verdaut“.*
Lysosomen sind winzige, von einer Membran umschlossene Zellorganellen, die für ihre Verdauungsaufgabe zahlreiche Enzyme enthalten.
Ein Beispiel für die lysosomale Verdauung zellfremden Materials ist die Phagozytose, zu der z. B. Leukozyten und Makrophagen im Rahmen der Wundheilungsprozesse während der Entzündungsphase fähig sind.
Vielfach sind nun die Wundverhältnisse so – vor allem bei chronischen Wunden –, dass Autolyse und Phagozytose bei größeren Mengen an devitalisiertem Gewebe und infektiösem Material „überfordert“ und durch ein adäquates Débridement zu unterstützen sind. Die wichtigsten Verfahren dazu sind das chirurgische Débridement und – wenn dieses nicht anwendbar sein sollte – das physikalische Débridement mithilfe der feuchten Wundbehandlung und unterstützenden Wundspülungen.
Nicht unerwähnt bleiben darf die großartige Leistung der Angehörigen, welche die Patientin liebevoll versorgten und sie in regelmäßigen Intervallen von drei Stunden – auch nachts – umlagerten. Durch das regelmäßige Umlagern schufen sie die Basis für den Therapieerfolg. Den engagierten Wundpflegekräften kommt der Verdienst zu, den Schwerpunkt der Behandlung auf die Infektions- und Geruchsreduzierung gelegt und durch eine wenig belastende Wundbehandlung vielleicht die Selbstheilungskräfte des Körpers gestärkt zu haben.
HydroClean® cavity
HydroClean® Solution
Fallbeispiel
Krankengeschichte / Verlauf
Die Patientin wird zu Hause durch die Familie und einen ambulanten Pflegedienst versorgt.
Im August 2021 trat über dem Kreuzbein ein Dekubitus auf, der sich innerhalb von vier Monaten zu einem riesigen, mit schwarzen Nekrosen belegten Druckgeschwür entwickelte. Die Bemühungen der Familie um ärztliche Behandlung schlugen, wohl auch wegen der Corona-Pandemie, fehl.
Als nach vier Monaten die Situation eskalierte, der Kreuzbein-Dekubitus wegen einer sich entwickelten Infektion extrem roch (eigentlich bestialisch stank), erfolgte die sofortige Einweisung der Patientin in die Klinik zur operativen Sanierung des infizierten Dekubitus mittels Nekrektomie mit anschließender antiseptischer Wundspülung und täglichem Verbandwechsel. Eine systemische Antibiose wurde als i.V. Infusion begonnen. Auf eine VAC wurde verzichtet, da sich täglich neue Fettgewebsnekrosen bildeten und diese debridiert werden mussten. Unter dieser Therapie verbesserten sich sowohl der Wundstatus als auch der Allgemeinzustand.
Nach 3-wöchigem Klinikaufenthalt wurde die Patientin Mitte Dezember 2021 mit einem großen Hautdefekt über dem Kreuzbein auf Wunsch der Angehörigen nach Hause entlassen. Eine Wechseldruckmatratze wurde geliefert, ein Pflegedienst zur täglichen Wundversorgung engagiert, der ab dem 6.1.22 durch eine zusätzliche Wundpflegekraft unterstützt wurde.
Vom 5.1. bis 18.1.22 wurden zur antimikrobiellen Therapie silberhaltige Hydrofaserverbände in die Wundtiefe eingebracht. Der Exsudatfluss konnte so relativ gut gemanagt werden, aber keine Geruchsreduzierung. [Bild1-4]
Die Wundbehandlung wurde auf eine Nass-Therapie mit dem tamponierbaren HydroClean cavity umgestellt. [Bild 7] Zusätzlich wurden ausgiebige Wundspülungen mit HydroClean® Solution durchgeführt. Am 11.2.22 zeigte sich ein gut durchbluteter Wundgrund, die Unterminierung war nur noch endoskopisch einsehbar. [Bild 8-9]
Am 23.2. / 1.3.22 war der Dekubitus geruchsfrei, ohne Nekrosen und granulierte in der Tiefe. [Bild 10-11]
Am 1.3. wurde der Entschluss gefasst, auf die bisherige Behandlung zu verzichten und nur noch einen superabsorbierenden Verband anzulegen. Zum Erstaunen aller reduzierte sich innerhalb von 24 Stunden die Exsudatmenge von stark auf gering, der Wundrand begann zu epithelisieren und am 7.3. war auch der unterminierte Bereich zwischen Haut und tiefer liegendem Gewebe miteinander verklebt. [Bild 12]
Quellen:
* Vgl. Lexikon Medizin, Urban & Fischer