Die Flächenhygiene zählt zu den essenziellsten Maßnahmen, um indirekten Kontaktinfektionen vorzubeugen. Sie bildet damit einen elementaren Bestandteil des Patienten-, Bewohner- und Personalschutzes.
Händehygiene ist wichtig, aber allein nicht ausreichend. Denn die patienten- bzw. bewohnernahen Flächen oder Flächen mit häufigem Händekontakt sind oft durch diesen Kontakt oder Tröpfchen mit nosokomialen Infektionserregern behaftet. Je nach Risikobereich ist daher eine gezielte und wirksame Flächendesinfektion ein wichtiger Baustein der Infektionsprävention.
Die Flächendesinfektion ist definiert als Verfahren zur Inaktivierung von Erregern auf unbelebten Oberflächen. Die Häufigkeit und der Umfang der Desinfektion sind dabei abhängig vom Risikopotenzial. Als Verfahren zur Flächendesinfektion lassen sich unterscheiden:
- Routinedesinfektion (auch: prophylaktische Desinfektion)
- Schlussdesinfektion (auch: Abschlussdesinfektion)
- Desinfektion im Ausbruchsfall
- Desinfektion bei behördlich angeordneter Entseuchung (auch: Seuchenfall)
- Gezielte Desinfektion bei erkennbar kontaminierten Flächen
Mit der aktuellen S1-Leitlinie „Hygienische Anforderungen an Hausreinigung und Flächendesinfektion“ liefert der Arbeitskreis „Krankenhaus- & Praxishygiene“ der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaft e. V.) wichtige Eckpunkte für die Umsetzung der Flächenhygiene. Da die Flächendesinfektion auch in der stationären und ambulanten Altenpflege eine wichtige Schutzmaßnahme ist, um das permanente Risiko von Kreuzkontaminationen zu verhindern, sind wesentliche Aspekte der S1-Leitlinie hier zusammengefasst. Die Übersicht zeigt auf, welche Flächen bei der Routine- und Schlussdesinfektion oder im Ausbruchs- bzw. Seuchenfall desinfiziert werden müssen und welches Wirkungsspektrum erforderlich ist.
Gezielt und routinemäßig: Flächendesinfektion richtig durchführen
Durch die indikationsgerechte Flächendesinfektion werden Keime zuverlässig abgetötet. Diese umfasst die routinemäßige Desinfektion patientennaher und -ferner Flächen mit häufigem Haut- bzw. Handkontakt. Ist eine Fläche mit Blut, Sekret oder anderen Körperflüssigkeiten kontaminiert, erfolgt zusätzlich eine gezielte Desinfektion. Die Verunreinigung wird mit einem mit Desinfektionsmittel getränkten Tuch entfernt, im Anschluss erfolgt die Desinfektion der gesamten Fläche.
Dabei sollten Produkte und Wirksamkeit stets der Situation angemessen sein. Bei gezielten Desinfektionen oder der Schlussdesinfektion, beispielsweise bei Auftreten von Mykobakterien, können daher höhere Desinfektionsmittel-Konzentrationen oder andere Produkte zum Einsatz kommen als routinemäßig üblich. Grundsätzlich sollte ein Desinfektionsmittel mit breitem Wirkungsspektrum verwendet werden. Die richtige Dosierung der Lösung beugt zudem der Selektion von desinfektionsmitteltoleranten bzw. -resistenten Bakterien vor.
Reinigung: Detergenzien inaktivieren Erreger unzureichend
Reinigungsverfahren allein sind nicht ausreichend, um Mikroorganismen auf Oberflächen abzutöten. So werden Verschmutzungen zwar entfernt, aber pathogene Keime können auf den Oberflächen verbleiben und z. B. durch Handkontakt weiterverbreitet werden. Überdies können Reiniger unbehüllte Viren sogar stabilisieren und die Bildung von Bakteriensporen begünstigen. Gelangen die Erreger ins Reinigungswasser, werden mit jedem Wisch neue Oberflächen kontaminiert.
Voraussetzungen für den sicheren Einsatz von Tuchspendersystemen
- Desinfektionsmittel-Dosiergeräte und -Lösungen in Spendersystemen werden regelmäßig mikrobiologisch kontrolliert.
- Tuch und Desinfektionsmittellösung sind kompatibel.
- Die Standzeit wird nicht überschritten.
- Es werden Systeme verwendet, die leicht zu öffnen und zu schließen sind und eine kontaminationsfreie Tuchentnahme gewährleisten.
- Spender werden nach Benutzung immer gut verschlossen.
- Mehrweg-Systeme werden manuell oder chemothermisch aufbereitet.
In Hochrisikobereichen (Hämatoonkologie, Neonatologie, Intensiv- und Verbrennungsstationen) sollte gemäß VAH jedoch gänzlich auf wiederaufbereitbare Systeme verzichtet werden. Einweg-Tuchspendersysteme sind hier ideal, um Infektionsrisiken zu minimieren.
Keimverschleppung verhindern
Um Gebrauchslösungen zur Flächendesinfektion herzustellen, empfiehlt der AWMF dezentrale Dosiergeräte.
Regelmäßige Wartungen müssen hier sicherstellen, dass die Desinfektionsmittel-Lösungen mikrobiell einwandfrei sind.
Damit Erreger nicht durch verunreinigte Wischbezüge, Lappen und Reinigungstücher auf Oberflächen verbreitet werden, sind diese nach Gebrauch (chemo-)thermisch aufzubereiten und umgehend zu trocknen. So kann vermieden werden, dass sich Erreger in den Reinigungsutensilien vermehren.
Auch Putzeimer sollten, nachdem die Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten abgeschlossen sind, aufbereitet werden.
Flächendesinfektion: Abgrenzung zentraler Begriffe
Zweck | Betroffene Flächen | Desinfektionsmaßnahme | |
Routinedesinfektion (auch: laufende, prophylaktische oder vorbeugende Desinfektion) | Eindämmung der Erregerausbreitung während der Pflege und Behandlung | Flächen, die vermutlich mit infektiösen Materialien kontaminiert wurden, ohne dass dies im Einzelfall erkennbar bzw. sichtbar ist, z. B. Bettgestelle, Türgriffe. | Wischdesinfektion mit bakterizidem, levurozidem und begrenzt viruzidem Flächen-Desinfektionsmittel.* |
Desinfektion im Ausbruchsfall | Bei vermehrtem Auftreten pathogener Erreger wie Noroviren oder Closteridium difficile soll die Weiterverbreitung sicher und rasch unterbunden werden. | Alle Flächen wie auch bei der Schlussdesinfektion sowie zusätzlich Badewannen, Küchen und Kantinen. | Erforderliches Wirkungsspektrum ist abhängig vom Erregertyp, z. B. ist beim Ausbruch von Noroviren ein viruzides Präparat mit Wirkungsbereich A (Bakterien) und B (Viren) einzusetzen.* |
Schlussdesinfektion (auch: Abschlussdesinfektion) | Herrichtung von kompletten Räumen oder Bereichen für einen nachfolgenden Patienten oder Bewohner, damit dieser ohne Infektionsgefahr behandelt bzw. gepflegt werden kann. | Räume oder Bereiche, in denen ein infizierter oder kolonisierter Patient / Bewohner gepflegt oder behandelt wurde. Abhängig von Erkrankung oder Erregertyp müssen alle patientennahen bzw. alle erreichbaren Flächen / Gegenstände desinfiziert werden, die kontaminiert sind oder sein können, z. B. Fußböden oder Wände. | Wischdesinfektion mit bakterizidem, levurozidem und begrenzt viruzidem Flächen-Desinfektionsmittel. Es müssen gegebenenfalls andere Konzen- trationen und Desinfektionsmittel mit einem erweiterten Wirkungsspektrum verwendet sowie veränderte Einwirkzeiten als bei der Routinedesinfektion beachtet werden.* |
Desinfektion bei behördlich angeordneter Entseuchung (auch: Seuchenfall) | Vermeidung von epidemischen Ausbrüchen bei übertragbaren, meldepflichtigen Krankheiten gemäß § 18 IfSG, Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). | Alle Flächen wie auch bei der Schlussdesinfektion sowie zusätzlich Badewannen, Küchen und Kantinen. | Es dürfen nur Mittel und Verfahren aus der Desinfektionsmittel-Liste des RKI angewendet werden. Anwendungskonzentration und Einwirkzeit sind in der Regel deutlich höher bzw. länger als bei der Routine- und der gezielten Desinfektion.* |
* Für alle Desinfektionsmaßnahmen gilt: Bei sichtbar kontaminierten Flächen zunächst organisches Material |
Qualität sichern: Hygienische Kontrollen durchführen
Regelmäßige mikrobiologische Kontrollen der Desinfektions-, Reinigungs- und Aufbereitungsverfahren sowie Dosiergeräte stellen sicher, dass alle getroffenen Maßnahmen wirksam sind. So sind Patienten und Personal bestmöglich vor Erregerübertragungen durch Kontakt mit Oberflächen geschützt.
Die richtigen Handschuhe
Immer wieder diskutiert wird die Frage, ob Flächen-Desinfektionsmittel mit jeder Art von Handschuhen angesetzt werden können? Die Antwort lautet: Nein, das Sicherheitsdatenblatt des jeweiligen Flächen-Desinfektionsmittels muss spezifische Hinweise über die Anforderungen an die Schutzhandschuhe beim Umgang mit dem jeweiligen Flächen-Desinfektionsmittel enthalten.
Handschuhe, die sowohl als Medizinprodukt als auch als persönliche Schutzausrüstung (PSA) nach EN 455 und EN 374 qualifiziert sind, lassen sich am vielseitigsten einsetzen. Alle Peha-soft nitrile – Schutz- und Untersuchungshandschuhe aus Nitril von HARTMANN – sind in der PSA Kategorie III nach EN 374 eingestuft, bieten damit Schutz vor hohen, irreversiblen Risiken und sind doppelt geeignet als Schutz vor Erregern und beim Umgang mit konzentrierten Desinfektionsmitteln.
Empfehlung des Arbeitskreises Krankenhaus- und Praxishygiene der AWMF. Hygienische Anforderungen an Hausreinigung und Flächendesinfektion. AWMF-Register Nr. 029/030. S1-Leitlinie. Hyg Med 2015; 40 (10): 418-421.