Die Versorgung inkontinenter Bewohner wird eine immer wichtigere Aufgabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen. Worauf es dabei besonders ankommt, erläutert HARTMANN Fachberaterin Anja Citrich im Gespräch.
Wie schätzen Sie die aktuelle Versorgungslage inkontinenter Patienten ein?
Anja Citrich: Die Inkontinenzversorgung nimmt viel Zeit in Anspruch. Ihre Bedeutung wird allerdings häufig unterschätzt. Aufgrund der Rahmenbedingungen muss jedoch der einzelne Wechsel des Inkontinenzprodukts schnell gehen. Denn immer mehr Schwerstpflegebedürftige müssen von immer weniger Personal versorgt werden. Zeit, große Aufmerksamkeit auf die Hautbeobachtung zu legen, bleibt da nicht. Selten gibt es auch einheitliche Standards für diese Pflegetätigkeit. Das hat zur Folge, dass jede Pflegekraft auf ihre Erfahrungen und das eigene Verständnis von guter Pflege zurückgreift. Es ist leider immer noch gang und gäbe, dass es keine individuelle Versorgung gibt, die vom Hautbild abhängig ist. Dazu kommt, dass sich die Angehörigen einbringen wollen und auf ihr Laienwissen zurückgreifen. Wir beobachten auch häufig, dass der Wechsel nicht unter korrekten hygienischen Kriterien stattfindet und es dabei zu Keimverschleppung kommt.
Die Überalterung der Gesellschaft nimmt stetig zu. Welche Probleme sehen Sie langfristig auf das Pflegepersonal in Pflegeheimen zukommen, besonders im Bereich Inkontinenz-Pflege?
Durch den Ansatz „ambulant vor stationär“ sind in den Pflegeeinrichtungen immer mehr schwerstpflegebedürftige Bewohner. Die „gesunden, fitten Alten“ sind kaum noch in den Einrichtungen anzutreffen. Hinzu kommt, dass die Zahl der Menschen mit fortgeschrittener Demenz zunimmt. Da die Inkontinenzversorgung ein großer Eingriff in die Intimsphäre ist, den man aber den Demenzkranken nicht erklären kann, sorgt der Wechsel des Inkontinenzprodukts häufig für Abwehrverhalten. Häufig kann man bei Menschen mit Demenz auch beobachten, dass sie das Inkontinenzmaterial nicht tolerieren und entsorgen. Beides beschert den Pflegekräften Mehrarbeit.
Ein weiterer schwieriger Punkt ist die Kürzung der Refinanzierung. Es handelt sich bei der Inkontinenzpauschale um eine Mischkalkulation, die aufgrund der vielen Schwerinkontinenten eine große Herausforderung ist. Dieses Dilemma wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken.
Die Entscheidung für einen Inkontinenzlieferanten wird in vielen Fällen nicht mehr nach Qualitäts-, sondern nach Wirtschaftlichkeitskriterien getroffen. Durch die häufig multimorbiden Bewohner steigt das Risiko einer Inkontinenz und der inkontinenzassoziierten Dermatitis (IAD).
Letztendlich ist es ein Teufelskreis: Immer mehr schwerstpflegebedürftige, multimorbide Bewohner treffen auf zu wenig Pflegekräfte, die Refinanzierung wird geringer, es werden Inkontinenzprodukte von schlechterer Qualität gekauft und die Hautprobleme nehmen zu – was dann wiederum zur Folge hat, dass die Versorgung mehr Zeit und Geld kostet.
Prävention ist der beste Schutz –
drei Bereiche stehen bei der IAD im Fokus
Kontinenz fördern – Hautfreundliche Inkontinenzhilfsmittel – Hautschutzprogramm umsetzen
Die IAD ist ein großes Problem bei inkontinenten Patienten. Welche Maßnahmen kann man ergreifen, um sie zu verhindern?
Die beste Maßnahme würde natürlich darin bestehen, die Kontinenz der Bewohner so lang wie möglich zu erhalten. Aber in erster Linie muss bei den Mitarbeitern in der Pflege Kompetenz aufgebaut werden. Durch Schulungen müssen sie sensibilisiert werden, dass die IAD ein Pflegeproblem darstellt.
Inhalte sollten sein:
- Risikofaktoren für eine IAD
- Kenntnisse zu einer adäquaten Inkontinenzpflege und Maßnahmen zur IAD-Prophylaxe
- Auswahl eines korrekten Inkontinenzproduktes
- Symptome einer IAD erkennen, um sie sicher von einem Dekubitus begrenzen zu können
- Ggf. sollte ein Hautschutzexperte im Haus etabliert werden.
Bei der Auswahl des Inkontinenzmaterial-Lieferanten sollte darauf geachtet werden, dass ausschließlich Qualitätsprodukte mit Superabsorber zum Einsatz kommen. Wichtig ist, dass es aufsaugende Produkte sind, welche die Hautgesundheit aufrechterhalten – somit den pH-hautneutralen Wert von 4,5 - 5,5 haben und diesen auch auf der Haut sicherstellen.
Die Schutzprodukte müssen kompatibel und dabei so dünn wie möglich sein. Das bedeutet, dass die Inkontinenzprodukte aus speziellen Materialien sind und trotz der „Dünne“ eine hohe Saugkapazität und einen zuverlässigen Auslaufschutz besitzen. Der Vorteil zu „dicken“ Produkten ist, dass die durch die Inkontinenz belastete Haut nicht zusätzlich noch schwitzt und eine IAD verstärken könnte.
Was ist bei der täglichen Pflege inkontinenter Patienten zu beachten, um eine IAD zu vermeiden?
Die durch die Inkontinenz belastete Haut darf nicht noch zusätzlich gereizt werden. Deshalb muss eine starke Reibung bei der Reinigung vermieden werden. Auf den Einsatz von Wasser und Seife sollte gänzlich verzichtet werden. Stattdessen Einmalprodukte ohne allergene Duftstoffe und aggressive Konservierungsstoffe, z.B. Feuchtpflegetücher oder Reinigungsschaum, verwenden. Auf keinen Fall dürfen Präparate aus der Babypflege genutzt werden.
Ebenso müssen die Schutzprodukte eine optische Kontrolle der Haut ermöglichen. Es sollten ausschließlich Produkte zum Einsatz kommen, die einen pH-hautneutralen Wert von 4,5 - 5,5 haben, um die natürliche Barrierefunktion der Haut zu erhalten.
Die Grundpflege und der Inkontinenzproduktwechsel sollte darüber hinaus zur Krankenbeobachtung genutzt werden. Auffälligkeiten müssen dokumentiert werden. Ein Inkontinenzmanagment nach aktuellem Stand kann die IAD-Rate deutlich senken.
Warum ist das Waschen mit Wasser nicht gut für die Haut? Welche Alternativen gibt es?
Warmes Wasser entzieht der Haut Fett – so wird der Säureschutzmantel angegriffen. Durch die Anwendung von Wasser – das einen pH-Wert von 7 aufweist – wird die natürliche Barrierefunktion der Haut geschädigt und macht sie anfällig für eine IAD.
Eine gute Alternative sind die MoliCare Skin Produkte. Sie wurden extra entwickelt, um eine milde Reinigung der Haut vorzunehmen. Zum einen wird kein Wasser mehr benötigt und zum anderen muss nicht an der Haut gerieben werden. Mit dem Reinigungsschaum von MoliCare Skin wird zusätzlich schützendes Kreatin zugeführt. Mit den Feuchttüchern ist ein schnelles und schützendes Reinigen möglich. Natürlich wird bei den Reinigungsprodukten auf schädlichen Alkohol verzichtet.
Welchen Vorteil haben die MoliCare und MoliCare Skin Produkte gegenüber anderen Hautpflege- und Inkontinenzprodukten?
Die MoliCare Skin und die Inkontinenzprodukte sind aufeinander abgestimmt, kompatibel, frei von allergenen Geruchsstoffen und mit einem pH-Wert von 4,5 - 5,5 hautneutral. Andere Hautschutzpräparate verkleben das Oberlächenvlies des Inkontinenzproduktes. Dies führt dazu, dass Flüssigkeit nicht mehr in das Produkt geleitet und es nicht richtig ausgelastet wird. Für den Betroffenen steigt die Gefahr einer IAD. Außerdem entwickelt Urin in Verbindung mit Sauerstoff einen unangenehmen Ammoniakgeruch.
Der NutriSkin Protection Complex in Verbindung mit den Inkontinenzprodukten schützt die Haut optimal vor einer IAD, führt Nährstoffe zu, ermöglicht die Hautatmung und erhält die Barrierefunktion. Da die Schutzprodukte transparent sind, ist eine gute Beobachtungsmöglichkeit sichergestellt.
Die „Skin Guard Technology“-Technologie der MoliCare-Produkte trägt zum Erhalt der Hautgesundheit bei. Was ist ihre Aufgabe?
Bei derSkin Guard Technologyhandelt es sich um eine natürliche, gelockte und weiche Zellulosefaser. Durch diese spezielle Faser kann der Urin schnell in das Innere des Saugkörpers weitergeleitet werden, ohne dass er wieder zurücklaufen kann. Dies sorgt dafür, dass die Oberfläche des MoliCare Inkontinenzproduktes trocken bleibt und die Betroffenen nicht das Gefühl haben, im Nassen zu liegen. Durch die Skin Guard Technology entsteht auf dem Inkontinenzprodukt der hautneutrale ph-Wert von 4,5 - 5,5. Ein Zusatznutzen besteht noch darin, dass die Skin Guard Technology antibakteriell wirkt und somit ebenso zur Hautgesundheit beiträgt. 99,9 % des Bakterienwachstums kann unterbunden werden und die Bakterien verbleiben im Saugkörper, wo sie unschädlich gemacht werden.
Wie sollte eine für Betroffene und Pflege optimierte Inkontinenzversorgung demnach aussehen?
Soweit es möglich ist, sollten Toilettengänge geplant werden. Darüber hinaus empfehle ich einen Systemansatz. Das bedeutet, dass die Inkontinenzprodukte auf die Schutzprodukte abgestimmt sind. Mit dem Skintegrity-Systemvon HARTMANN ist ein ganzheitliches, optimales Inkontinenzmanagement gewährleistet. Die Hautgesundheit bleibt dank des hautneutralen ph-Wertes von 4,5 - 5,5 trotz Inkontinenz erhalten.