"Vergessenes Problem" belastet viele Krebspatienten

Mehr als jeder dritte Krebspatient leidet an Harninkontinenz, doch in der Behandlung bleibt kaum Raum für das Problem – mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen.

Der Zusammenhang zwischen Prostatakrebs und Inkontinenz ist inzwischen auch über die Fachwelt hinaus bekannt. Bei anderen Krebserkrankungen wird Inkontinenz häufig gar nicht thematisiert. Folge: Die Erkrankung ist bei Krebspatienten unterdiagnostiziert und untertherapiert.

„Untersuchungen zeigen: Etwa drei Viertel der über 65-jährigen Krebspatienten und jeder Vierte der unter 65-Jährigen leidet an Inkontinenz“, sagt Professorin Dr. Daniela Schultz-Lampel, Direktorin des Kontinenz Zentrums Südwest am Schwarzwald-Baar-Klinikum. Die Dunkelziffer liegt aber vermutlich noch höher. „Nur etwa fünf Prozent der Betroffenen werden im Rahmen der Routine-Nachkontrolle entdeckt.“ Schultz-Lampel, die auch Mitglied des Expertenrats der Deutschen Kontinenz Gesellschaft ist: „Inkontinenz kann Symptom einer Krebserkrankung sein aber auch in Folge der Therapie auftreten. Das wissen viele nicht. Auch bei nicht uro-genitalen Krebsarten wie zum Beispiel Lungenkrebs oder hämatologischen Erkrankungen. Hier ist es wichtig, dass der Onkologe auch nach Inkontinenzproblemen fragt, weil die Betroffenen dies in der Regel nicht von selbst ansprechen.“ Eine verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Onkologie sowie der Urologie und anderen Disziplinen könnte helfen, das Leiden der Betroffenen zu lindern.

Folgen der Therapie können neu gewonnenes Leben überschatten

Die Nachsorge einer Tumortherapie ist ganz essentiell, denn immer wieder stehen Patienten nach überstandenem Krebsleiden vor einer weiteren Herausforderung: Inkontinenz. Sie belastet Betroffene enorm und begleitet sie oft ihr Leben lang – was nicht sein müsste, denn in fast allen Fällen kann eine durch z.B. Operation oder Bestrahlung beschädigte Blase oder ein Schließmuskel wiederhergestellt werden.

Was man (selbst) tun kann

Am wichtigsten ist, die Inkontinenz nicht als das geringere Übel oder als Schicksal hinzunehmen, sondern einen Arzt um Rat zu bitten. Die Behandlungsmethoden sind vielfältig und richten sich nach der Ursache. So kann etwa konsequentes Beckenbodentraining erfolgversprechend sein. Die Übungen werden von spezialisierten Physiotherapeuten angeleitet und können dann selbstständig zuhause durchgeführt werden. Ist dieses Training nicht ausreichend, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, medikamentös oder operativ zu behandeln. „Grundsätzlich ist es heute in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle möglich, die Kontinenz wieder herzustellen. Operationstechniken, wie die Implantation von hydraulischen Schließmuskeln, von Schlingen, die die Harnröhre stützen, oder von Ballons, die den Platz der Prostata einnehmen, werden immer schonender und bedeuten für die betroffenen Patienten in der Regel eine enorme Verbesserung der Lebensqualität. Sie sollten daher auch in der Palliativsituation nicht verweigert werden“, so Hübner1.

Information zu allen Angeboten der MKÖ gibt es auf www.kontinenzgesellschaft.at

Quellen: 1) http://kontinenzgesellschaft.at/pr_archiv.htm