Kurz nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie waren sie auf einmal überall zu finden: in Eingangsbereichen von Bahnhöfen, auf Tischen von Restaurants oder befestigt an den Rucksäcken der Menschen. Die Rede ist von Hände-Desinfektionsmitteln. Heute, etwas mehr als drei Jahre später, sieht man sie zwar noch immer, doch benutzt werden sie viel seltener. [1]
Auch in Gesundheitseinrichtungen zeigt sich, dass das Personal im Vergleich zum Anfang des Jahres 2020 inzwischen wieder weniger vom Desinfektionsmittel Gebrauch macht, was sich vor allem in sinkenden Werten bei der Händehygiene-Compliance (HHC) widerspiegelt [2].
Zwar sind die Unterschiede von Land zu Land und von Einrichtung zu Einrichtung zum Teil sehr unterschiedlich. Dennoch bemerkte die WHO bereits 2021 – also noch mitten in der Pandemie –, dass die HHC selbst in Industrieländern im Schnitt nie über 70 % liegt. [3] Mit anderen Worten: Die Beschäftigten im Gesundheitswesen führen im Durchschnitt in einem von vier Fällen, in denen dies eigentlich notwendig wäre, keine korrekte Händehygiene durch.
Woran liegt das?
Nachlassendes Bewusstsein für Händehygiene im "neuen Normal"
Gaben in einer Studie der kiilto-Unternehmensgruppe im Jahr 2020 so noch ganze 65% der Befragten an, sich beim Betreten öffentlicher Gebäude stets die Hände zu desinfizieren, waren es zwei Jahre später „nur“ noch 48%. [5] Doch wie ist es zu erklären, dass auch im Gesundheitssektor die HHC-Werte sinken? Immerhin gehört die Händehygiene für Beschäftigte hier seit Langem zum Berufsalltag und ist den meisten in Fleisch und Blut übergegangen.
Die Gründe für den Rückgang der Compliance
Tatsächlich bestätigen verschiedene Studien, dass sich die HHC in Gesundheitseinrichtungen verschiedener Länder zu Beginn der Pandemie zunächst verbesserte, nur um sich dann relativ schnell wieder zu verschlechtern. Eine Untersuchung aus Frankreich ergab etwa, dass der Verbrauch von Hände-Desinfektionsmitteln in der ersten Pandemiewelle stark anstieg, in der zweiten Welle dann allerdings nur noch knapp über dem vor- pandemischen Niveau lag. [6]
Es lässt sich beobachten, dass die Compliance-Werte im Verlauf der Pandemie in vielen Kliniken länderübergreifend abnahmen. Eine Studie, die am University of Chicago Medical Center (UCMC) im Zeitraum September 2019 bis August 2020 durchgeführt wurde, bestätigt dies recht eindrücklich: Lag der monatliche Durchschnittswert der HHC hier vor der Pandemie bei rund 55%, schnellte er im März 2020 auf 92% und im April 2020 dann sogar auf nahezu 100%. Schon in den kommenden Wochen und Monaten jedoch verschlechterte sich die Compliance wieder. Im August lag sie zeitweise sogar bei durchschnittlich 51% – also sogar unter dem Niveau vor der Pandemie. [7]
Die Entwicklung der rückläufigen HHC hat verschiedene Ursachen. Ein wesentlicher Faktor war sicherlich, dass aufgrund der weltweit plötzlich gestiegenen Nachfrage professionelle Desinfektionsmittel in vielen Kliniken nicht mehr verfügbar waren und sich das Personal daher häufiger die Hände wusch, statt sie zu desinfizieren. Bei einigen Gesundheitsfachkräften traten dadurch nach einiger Zeit jedoch Hautirritationen oder Ekzeme auf, da das häufige Händewaschen mit Wasser und Seife in der Regel weniger hautschonend ist als das Desinfizieren mit hochwertigen Produkten wie Sterillium®, die über rückfettende Eigenschaften verfügen. [8]
Umgekehrt griffen wiederum auch nur jene Gesundheitsfachkräfte zum Händedesinfektionsmittel, deren Hände nicht zuvor durch das häufige Waschen geschädigt wurden. Denn: Der in Desinfektionsmitteln enthaltene Alkohol verursacht auf Haut, die durch Irritationen oder Ekzeme geschädigt ist, häufig ein brennendes Gefühl. Beide Aspekte (Händewaschen statt Händedesinfektion sowie Verzicht auf Händedesinfektion aufgrund verletzter Haut) könnten die sich verschlechternde HCC erklären.
Eine weitere Erklärung für den Rückgang der Compliance könnte sein, dass zahlreiche Beschäftigte mit der Versorgung von COVID-19-Patient/innen zeitweise so stark ausgelastet waren, dass ihnen schlicht die Zeit für richtige Händehygiene fehlte. [9] Diese Begründung scheint auch aktuell plausibel, schließlich leiden auch nach der Pandemie noch viele Kliniken unter Personalmangel, Zeitdruck und hoher Arbeitsbelastung.
Und sicherlich hat auch im Gesundheitswesen schlicht und einfach ein gewisser Gewöhnungseffekt eingesetzt, der dazu führte, dass die anfängliche Angst vor dem neuartigen Virus im weiteren Verlauf der Pandemie abnahm und viele Fachkräfte wieder ihre vor-pandemischen Gewohnheiten aufnahmen. [10]
Aber auch bestimmte nationale und regionale Gegebenheiten können mitunter mangelnde HHC erklären. So fand eine chinesische Studie etwa heraus, dass Gesundheitsfachkräfte in der Pandemie verstärkt Handschuhe trugen, anstatt sich die Hände zu desinfizieren. [11] Die Tatsache, dass die Beschäftigten zu dieser Maßnahme griffen, zeigt, dass auch trotz des gestiegenen Bewusstseins zum Thema Händehygiene in der Pandemie noch immer Aufklärungsbedarf besteht. Tatsächlich müssen die Hände sogar vor und nach jedem Tragen von Handschuhen desinfiziert werden.Warum korrekte Händehygiene wichtig bleibt
ExpertInnen gehen davon aus, dass bis zu 90% aller im Krankenhaus vorkommenden Infektionen auf eine Übertragung über die Hände zurückzuführen sind. [12] Ein Drittel dieser Infektionen gilt als vermeidbar [13]. Daher bleibt richtige Händehygiene ein zentraler Baustein der Infektionskontrolle.
Im Gesundheitswesen ist genau festgelegt, in welchen Situationen sich Beschäftigte die Hände desinfizieren sollten, nämlich immer …
- Vor Patientenkontakt
- Vor einer aseptischen Tätigkeit
- Nach Kontakt mit potentiell infektiösem Material
- Nach Patientenkontakt
- Nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung
Hände richtig desinfizieren
Für eine effektive und korrekte Händehygiene ist jedoch nicht nur das „Wann“, sondern auch das „Wie“ entscheidend. Folgende Punkte sollten Beschäftigte im Gesundheitswesen beachten:
- Vor dem Desinfizieren sicherstellen, dass die Hände trocken sind.
- Ausreichend Desinfektionsmittel (ca. 2-3 Hübe aus dem Spender) in die hohle Hand geben.
- Die gesamte Hand mit Desinfektionsmittel benetzen.
- Beim Einreiben besonderes Augenmerk auf die Fingerspitzen, Daumen und Fingerzwischenräume legen.
- Desinfektionsmittel für mindestens 30 Sekunden gründlich einreiben.
Um die Compliance unter medizinischem Personal (wieder) zu steigern, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden:
- von regelmäßigen Schulungen des Personals
- über die Wahl eines hautverträglichen Desinfektionsmittels wie Sterillium®
- bis hin zu Führungskräften, die mit gutem Beispiel für die gesamte Belegschaft in Sachen vorbildlicher Compliance vorangehen.
Quellen:
[1] kiilto.dk/ Study: Good hand hygiene habits are declining https://www.kiilto.dk/Nyheder/study-shows-that-our-good-hand-hygiene-habits-are-declining/[2] Desinfacts 1 (2023), S. 16-17
[3] who.int/ Key facts and figures World Hand Hygiene Day 2021 https://www.who.int/campaigns/world-hand-hygiene-day/2021/key-facts-and-figures
[4] New York Times/ Tracking Coronavirus Vaccinations Around the World https://www.nytimes.com/interactive/2021/world/covid-vaccinations-tracker.html
[5] kiilto.dk/ Study: Good hand hygiene habits are declining https://www.kiilto.dk/Nyheder/study-shows-that-our-good-hand-hygiene-habits-are-declining/
[6] Desinfacts 1 (2023), S. 16-17
[7] Makhni, S., et al. (2021). "Hand Hygiene Compliance Rate During the COVID-19 Pandemic." JAMA Intern Med 181(7): 1006-1008.
[8] Reinholz M et al. (2021) Increased prevalence of irritant hand eczema in health care workers in a dermatological clinic due to increased hygiene measures during the SARS-CoV-2 pandemic. Eur J Dermatol;31: 392-395. https://doi.org/10.1684/ejd.2021.4046
[9] Sandbøl SG et al. (2022) Hand hygiene compliance among healthcare workers before and during the COVID-19 pandemic. Am J Infect Control; 50: 719-723. https://doi. org/10.1016/j.ajic.2022.03.014
[10] Si Ali A et al. (2022) Impact of COVID-19 pandemic waves on health-care worker hand hygiene activity in department of medicine and ICU as measured by an automated monitoring system. Infect Dis Health: S2468-0451(22)00120-1. https://doi.org/10.1016%2Fj.idh.2022.11.003
[11] Wu X et al. (2022) Application Effect of Transparent Supervision Based on Informatization in Prevention and Control of Carbapenem-Resistant Klebsiella pneumoniae Nosocomial Infection. Can J Infect Dis Med Microbiol; 2022: 2193430. https://doi.org/10.1155/2022/2193430
[12] The European Antimicrobial Resistance Surveillance System (EARSS): EARSS Annual Report 2008, National Institute for Public Health and the Environment (RIVM), Bilthoven
[13] THE LANCET 2000, 356: 1307 – 1312
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