Bei HARTMANN

Ich bin Krankenpfleger – und ich liebe meine Arbeit. Aber ich brauche diese drei Dinge.

Der freiberuflich tätige Krankenpfleger François Sterpione weiß, was Pflegekräfte brauchen, um den Anforderungen von Morgen standhalten zu können. Hier sind die drei Dinge, die er sich dringend wünscht.

„Seit Jahresbeginn habe ich sie erst einmal zur Schule gebracht“, so der französische Krankenpfleger François Sterpione. Die Aussage bezieht sich auf die wenige Zeit, die er mit seinen beiden Kindern verbringen kann. „Ich hatte echt ein schlechtes Gewissen. Also habe ich mir bei der Arbeit 15 Minuten freigeschaufelt, um sie zur Schule bringen zu können.“

François ist kein Einzelfall. Wie viele andere Pflegekräfte bemüht er sich redlich, neben der Arbeit auch seine Pflichten als Vater wahrnehmen zu können.

„Ich verlasse das Haus jeden Tag schon um 5 Uhr morgens“, sagt er. „Nach Hause komme ich dann so zwischen 20.30 Uhr und 21 Uhr.“

Und er versucht, einen Ausgleich zu seiner Rolle als professioneller Pfleger zu finden.

„Wir versuchen, uns zwischendurch ein bisschen auszuruhen, hauptsächlich in psychischer Hinsicht“, erzählt er. „Die Last, die wir tragen – mit allem, was wir zu hören und zu sehen bekommen – wird mit der Zeit immer schwerer. Aber ob man diese Last tragen kann oder nicht, hängt sehr von der Erfahrung der einzelnen Pflegekraft und ihrer eigenen Lebensgeschichte ab. Die jüngeren Kollegen sind häufig empfindlicher und es wird ihnen schneller zu viel. Je mehr Erfahrung man hat, desto besser kann man loslassen.“

Und trotzdem geht François, 30 Jahre alt, seinem Beruf nach wie vor mit großer Hingabe nach.

Inmitten der größten Herausforderungen, denen sich das Gesundheitssystem angesichts von alternder Bevölkerung, chronischen Krankheiten, Budgetkürzungen und Personalknappheit gegenübersieht, steht für François immer der Patient an erster Stelle.

„Ich habe gerade angefangen, ein kleines Mädchen zu betreuen, das an Diabetes leidet und während der Schulzeit regelmäßig eine Injektion braucht“, erzählt er. „Ich habe eng mit der Familie des Mädchens sowie mit seinen Lehrern zusammengearbeitet, um die Spritze in den Alltag des Kindes integrieren zu können. Wir wollen, dass es ein ganz normales Leben führen kann, wie alle anderen Kinder in seiner Schule.“

François, der sich noch in der Blüte seines Lebens befindet, fühlt sich gefangen, gefangen in einem permanenten Kampf, um sich selbst zu verbessern und an die sich wandelnden Bedürfnisse der Patienten anzupassen. Seine eigenen Bestrebungen sieht er angesichts der Sorge um die Zukunft Seinesgleichen in Gefahr.

„Ich arbeite zu 50 % in einer interdisziplinären Einrichtung mit Schwerpunkt Rehabilitation, und den Rest der Zeit mache ich als selbstständiger* Krankenpfleger Hausbesuche bei Patienten“, berichtet er. „Wir Selbstständigen fühlen uns manchmal sehr isoliert. Wir bekommen die rasanten Veränderungen im Gesundheitssystem zu spüren. Wir sind uns nicht sicher, wohin das führen wird und was unsere zukünftige Rolle sein wird.“

Aber als Fachmann weiß er auch, was er braucht und zeigt drei Wege auf, mit deren Hilfe die Gesundheitssysteme dafür sorgen können, dass die Rolle ihrer wertvollsten Helfer gestärkt wird – damit diese auch in Zukunft den Anforderungen der Branche gerecht werden können.

Koordination

„In der interdisziplinären Einrichtung basiert meine gesamte Arbeit auf gegenseitiger Abstimmung“, sagt François. „Also auf einem Austausch über die beste Verfahrensweise. Vom Arzt über den Pfleger bis hin zum Ernährungsberater – die Kommunikation zwischen den zahlreichen Fachleuten ermöglicht uns eine gründliche Herangehensweise zum Wohle des Patienten und im Sinne einer besseren Pflege.“

Nach Recherchen des Journal of Community Nursing kann sich fehlende Abstimmung bei der Pflege massiv auf die Behandlung chronisch kranker Patienten auswirken.

„Ich habe keine Probleme damit, gegenüber einem Patienten zuzugeben, dass ich etwas nicht weiß“, so François. „Und ich habe noch nie davor zurückgeschreckt, andere Pflegekräfte oder einen Arzt, der sich in einer Angelegenheit besser auskennt, um Rat zu fragen, um einem Patienten bestmöglich zu helfen.“


Herr François Sterpione mit seinem Patient
Weiterbildung

Dennoch gibt es Situationen, in denen François befürchtet, dass seine Qualifikationen nicht ausreichen. „Ich mache mir Sorgen, dass mein Englisch nicht gut genug ist“, meint er. „Manchmal würde ich mich gern weiterentwickeln, aber ich fühle mich wie blockiert. Mich der globalisierten Welt zu öffnen, fällt mir nicht ganz leicht, und das bedaure ich am meisten. Ich motiviere deshalb andere, in der Schule Englisch zu lernen, denn man weiß nie, wofür man es später brauchen kann.“

Mehr als 10 Jahre lang hat François am Erwerb der Qualifikationen gearbeitet, die er für seinen beruflichen Werdegang in Frankreich brauchte.

„Parallel zu dem Zertifikat in Wundversorgung habe ich eine universitäre Weiterbildung in Palliativpflege und -begleitung abgeschlossen“, berichtet er. „Diese pflegerischen Kenntnisse habe ich mir an meinen freien Tagen angeeignet und die Zusatzausbildung selbst finanziert. Ich habe bei einem Langzeitpflege- und Rehabilitationsdienst in der Nähe von Grenoble gearbeitet. Und 2013 war ich in einer interdisziplinären Medizineinrichtung in der Gemeinde Echirolles tätig.“

Heute kümmert er sich um die prä- und postoperative Betreuung von Orthopädiepatienten und macht nebenbei eine Weiterbildung im Bereich Pflegemanagement. Er hofft darauf, eines Tages in einer Klinik arbeiten zu können, weil er dort beruflich mehr Möglichkeiten sieht.

Aber für François und viele seiner französischen Kolleginnen und Kollegen gibt es eigentlich nur eines, was sie wirklich glücklich machen würde:
François Sterpione in einem sehr persönlichen Moment während seiner Hochzeit
Anerkennung

„Ärzte und Feuerwehrleute, die erhalten Anerkennung und Dank für ihren Einsatz und die Qualität ihrer Arbeit. Pflegekräfte nicht“, glaubt François. „Der Pfleger, der sich um einen Niedergestochenen kümmert, wird links liegen gelassen. Der bekommt höchstens gesagt, er soll sich ‘zwei Tage frei nehmen und dann wieder arbeiten gehen’. Viele Pflegekräfte geben ihr Äußerstes, aber sie erhalten dafür am Ende kaum Anerkennung.“


Aus François' Sicht könnte diese Anerkennung beispielsweise in Form des Zugangs zu Weiterbildung erfolgen, damit Pflegekräfte die bestmögliche Leistung bringen können, oder durch Koordination im klinischen Bereich, um den Austausch von Fachwissen zu ermöglichen. Auch für sich allein genommen stehen diese Aspekte stellvertretend für ein einziges Wort: „Danke!“

„Im Bereich der Pflege gilt ganz Allgemein, dass du dir selbst treu bleiben musst“, findet François. „Man benötigt verschiedene ‚menschlicher Qualitäten‘. Empathie ist ein Teil davon, ebenso wie zuhören können und Mitgefühl zeigen. Aber man muss den Menschen als Ganzes sehen. Den Körper und die Seele. Wenn wir keine Beziehung zu einem Menschen aufbauen, funktioniert unsere Arbeit nicht.“

Verdienen Pflegekräfte nicht dasselbe Maß an menschlichem Mitgefühl, das sie auch anderen zuteil werden lassen?

„Ich kann mir keinen anderen Beruf vorstellen. Für mich ist die Pflege meine Berufung.“


* in Frankreich ist eine selbstständige Pflegefachkraft nicht für das nationale Gesundheitssystem tätig. Typischerweise haben Pflegefachkräfte dieser Art eine eigene Praxis oder sind bei einer privaten Medizininstitution angestellt.