Inkontinenz – weit verbreitet und trotzdem tabuisiert

Inkontinenz als Folge anderer Krankheiten

Harninkontinenz – eine von der WHO anerkannte Krankheit – wird als ein Zustand beschrieben, bei dem Urin ungewollt abgeht. Sie tritt als Folge verschiedener Grunderkrankungen auf. Somit ist sie kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Symptom für eine zugrundeliegende Erkrankung des Harnsystems, des Nervensystems, von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Demenzerkrankungen.

Seniorenpaar geht im Herbst spazieren Seniorenpaar geht im Herbst spazieren

Eines der größten Tabus in der Gesellschaft

Die Kontrolle der Ausscheidung von Harn und Stuhl ist uns nicht mit der Natur gegeben. Sie wird im Kinderalter „antrainiert“. Es ist ein Ereignis in der Familie. In der Gesellschaft wird es mit dem Älterwerden zu einer unausgesprochenen Bedingung.

In allen Kulturen sind Tabus bekannt und häufig dreht es sich um Bereiche der menschlichen biologischen Existenz: Tod, Krankheit, Behinderung, Menstruation oder die Ausscheidungen.

Entsprechend wird das Krankheitssymptom der Inkontinenz im gesellschaftlichen Zusammenleben gemieden. Trotz aller intensiven Aufklärungsbemühungen von Urologen, Gynäkologen, Fachverbänden und der in diesem Bereich tätigen Industrie ist es noch immer ein Tabuthema. Ist man betroffen, entwickelt sich Scham über das eigene Unvermögen, anstatt es als das wahrzunehmen, was es ist: eine Krankheit.

Unterschiedliche Formen der Inkontinenz

Frauen leiden statistisch drei Mal häufiger an Inkontinenz als Männer. Dabei kann es zu unterschiedlichen Arten der Inkontinenz kommen. Hier die wichtigsten in der Zusammenfassung:

Stress- / Belastungsinkontinenz: Bei körperlicher Anstrengung, beim Husten, Niesen oder Lachen gehen kleine Mengen Urin ab. Vor allem Frauen leiden an dieser Form. Durch Schwangerschaften und Geburten ist ihre Beckenbodenmuskulatur häufig geschwächt und kann ihre Stützfunktion nicht mehr erfüllen, die Unterleibsorgane sinken tiefer. Wenn der Beckenboden nicht mehr so straff ist, ist ein sicherer Verschluss der Harnröhre weniger gewährleistet.

Dranginkontinenz: Die Dranginkontinenz wird nach den auslösenden Ursachen in eine motorische und sensorische Form unterteilt. Bei der motorischen Dranginkontinenz handelt es sich um eine Übererregbarkeit der Blasenwandmuskulatur. Diese zieht sich zusammen und fungiert damit als „Harnaustreiber“. Bei Dranginkontinenz zieht er sich übermäßig oft zusammen und löst selbst bei geringem Füllungsgrad der Blase Harndrang aus. Für die sensorische Dranginkontinenz sind dagegen häufig Blaseninfektionen, Blasensteine oder Tumore verantwortlich. Der Harndrang entsteht dabei durch die Reizung der Blasenschleimhaut aufgrund der Erkrankung. Die Reizung löst einen Reflex aus, durch den es zur reflektorischen Öffnung des Blasenhalses kommt und das Schließmuskelsystem erschlafft. In Folge kommt es zum unfreiwilligen Harnverlust.

Überlaufinkontinenz: Die Prostata, oder auch Vorsteherdrüse, produziert beim Mann eine Flüssigkeit, die als Transportmittel für die Samenzellen erforderlich ist. Sie ist einerseits Sexualorgan, andererseits Teil der Harnwege. Im Alter ab 50 kann es bei Männern zu einer Vergrößerung der Prostata kommen. Dadurch wird der prostatische Anteil der Harnröhre direkt unter der Blasenöffnung mehr und mehr eingeengt. Folge sind u.a. Probleme beim Wasserlassen und einem Harnverhalt. Demgegenüber kann es zu einem plötzlich starken Harndrang und unfreiwilligen Harnabgang kommen.

Den Alltag meistern trotz Inkontinenz

Die Anzahl an Inkontinenzerkrankungen wird zunehmen. Aufgrund des demografischen Wandels wird 2050 bereits mehr als jeder Dritte über 60 Jahre mit einem höheren Risiko für eine Blasenschwäche leben. Umso wichtiger ist, dass Menschen ausreichend Unterstützung erfahren. So bieten mittlerweile Fachgesellschaften, spezialisierte Kliniken und Selbsthilfeverbände vielseitige Hilfen an. Aber auch Krankenkassen und Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, wie HARTMANN, bieten hilfreiche Informationen und können als Ansprechpartner dienen. Zudem ist die Auswahl an Produkten und Lösungen, die bei einer Inkontinenz unterstützen, massiv gewachsen. Heutige Produkte bieten sehr diskreten und sicheren Schutz, ohne dass man sich im normalen Leben einschränken muss. Doch alles beginnt mit der richtigen Diagnose beim Arzt. Denn nur wer sich öffnet und handelt, kann sein Leben so führen wie gewünscht.

Beratungsstellen

 

Medizinische Kontinenzgesellschaft Österreich

Die MKÖ hat sich die Förderung von Maßnahmen zur Prävention, Diagnostik, Behandlung und Versorgung der Harn- und Stuhlinkontinenz zum Ziel gesetzt.
Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit will die MKÖ die Inkontinenz aus der Tabuzone holen, Betroffenen und ihren Angehörigen Rat und Hilfe gewähren sowie Forschung, Lehre und Praxis in der interdisziplinären Behandlung fördern und koordinieren.
Medizinische Kontinenzgesellschaft Österreich

Kontinenz- und Stomaberatung

Kontinenz- und Stomaberatung Österreich

Für Betroffene, deren Angehörige und Interessierte bietet der Verein bzw. bieten die Mitglieder Beratung, Unterstützung und Anleitung für eine selbständige Alltagsbewältigung mit möglichst hoher Lebensqualität. Ziel ist ein selbstbestimmtes Leben im gewohnten sozialen Umfeld und der Wiedereinstieg ins Berufsleben.